Wege zu mehr Freizeit: Sie wollen 2020 weniger arbeiten? Diese Rechte haben Sie!

Sabbatical, Teilzeitarbeit, Jobsharing: Manchmal muss auch der Chef zustimmen.

Michael Scheppe | 07.01.2020
Wer eine längere Auszeit braucht, kann ein Sabbatjahr machen, in Teilzeit arbeiten oder sich den Job mit einem Kollegen teilen.

Erholung beim Kajakfahren Wer eine längere Auszeit braucht, kann ein Sabbatjahr machen, in Teilzeit arbeiten oder sich den Job mit einem Kollegen teilen. © Karriere Foto: Jeff Isaak / Unsplash

253 sind es in Baden-Württemberg und Bayern, in Thüringen und Schleswig-Holstein sogar 255. So viele Arbeitstage müssen Manager und Mitarbeiter 2020 überstehen. Vielen Menschen ist das allerdings zu viel.

Und das ist nicht nur ein guter Neujahrsvorsatz, sondern ein fundamentaler Trend: So wünscht sich die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer, ihre wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren.

Das zeigt eine repräsentative Befragung des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und des Karrierenetzwerks Xing. Demnach würden 39 Prozent der knapp 2.400 Befragten gerne bis zu zehn Prozent weniger arbeiten – und wären auch bereit, weniger Geld zu verdienen.

Der gesellschaftliche Sinneswandel gilt nicht für einzelne Altersklassen, das Geschlecht oder bestimmte Einkommensschichten. Alte wie Junge, Männer oder Frauen, Fach- oder Führungskräfte: Immer mehr Menschen wollen weniger arbeiten.

DIESE MÖGLICHKEITEN HABEN SIE
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Sabbatical: Der Chef muss einverstanden sein

Um die Welt segeln, sich weiterbilden oder einfach nichts tun: Ein Sabbatjahr macht‘s möglich – sofern der Chef mitspielt. Denn einen rechtlichen Anspruch auf ein Sabbatical gibt es nicht, sagt Arbeitsrechtler Sebastian Schröder von der Kanzlei Aquan in Düsseldorf. „Größere Firmen bieten das allerdings häufig von sich aus an.“

Für das Sabbatjahr bieten sich verschiedene Modelle an: Überstunden ansparen und dann abfeiern. Alternativ verzichten Mitarbeiter vor dem Sabbatjahr auf einen Teil des Gehalts und bekommen diesen während der Auszeit ausgezahlt. Dritte Variante: Sich unbezahlt freistellen lassen.

Wer Überstunden abbaut oder auf Lohn verzichtet, bleibt während des Sabbaticals sozialversichert. Bei unbezahltem Urlaub muss man sich freiwillig krankenversichern.

„Wenn Menschen das Gefühl haben, ausgebrannt zu sein, kann eine längere Auszeit sinnvoll sein, um die psychischen Belastungen zu verringern und wieder mehr Sinn und Freude an der Arbeit zu finden“, sagt Hannes Zacher, Professor für Arbeitspsychologie an der Universität Leipzig.

Sein Tipp: Einmal pro Monat Kontakt zu den Kollegen aufnehmen, um sich langsam wieder auf die Arbeit vorzubereiten.

Teilzeitarbeit: Der Gesetzgeber macht’s möglich

Der Anspruch auf Teilzeitarbeit ist klar geregelt. Wer seit sechs Monaten in einer Firma arbeitet, die mehr als 15 Mitarbeiter hat, darf seine Arbeitszeit reduzieren – sofern keine „betrieblichen Gründe“ dagegensprechen. So steht es im Teilzeit- und Befristungsgesetz.

Solche „betrieblichen Gründe“ liegen nur vor, wenn der Arbeitsablauf „wesentlich beeinträchtigt“ ist oder „unverhältnismäßige Kosten verursacht“.

Jurist Schröder sagt: „Ob der Angestellte an vier Tagen pro Woche kommt oder täglich weniger Stunden arbeitet, kann er mit seinem Chef besprechen.“

Seit 2019 haben Mitarbeiter das Recht, aus der Teilzeit auch wieder zurück in die Vollzeit zu wechseln. Diese Brückenteilzeit gilt für Firmen ab 46 Mitarbeitern, sofern der Angestellte mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre in Teilzeit arbeitet. Im öffentlichen Dienst haben die Beschäftigten schon länger ein Rückkehrrecht.

Für Arbeitspsychologe Zacher ist Teilzeitarbeit oftmals sinnvoller als ein Sabbatjahr: Angestellte könnten so längerfristige Routinen neben der Arbeit etablieren, sich etwa ehrenamtlich engagieren.

Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen, ergänzt: „Menschen in Teilzeitarbeit können sich einfacher vom Tagesgeschäft erholen, sind fröhlicher und zufriedener.“

Zur Wahrheit gehöre aber auch: Wer eine Teilzeitstelle hat, arbeite zwar keine 120 Prozent mehr, aber oft noch 100 Prozent – nur eben für ein geringeres Gehalt.

Jobsharing: Zwei Manager für eine Position

Angestellte können mit ihren Unternehmen auch vereinbaren, dass sie sich einen Arbeitsplatz teilen. Ein solches Jobsharing bieten laut Familienministerium 32 Prozent aller Unternehmen an – zum Beispiel Amazon, Bosch, Evonik oder Thyssen-Krupp.

Der Softwarekonzern SAP zeigt, dass dies selbst im Management möglich ist: Jede Führungsposition ist so ausgeschrieben, dass sie von zwei Mitarbeitern besetzt werden kann.

Thomas Angerstein und Christof Lieber teilen sich seit viereinhalb Jahren eine Chefposition. Angerstand entschied sich für die Tandemlösung, um mehr für das Team, die Familie und die Firma erreichen zu können. „Dass es hilft, mehr Freizeit zu bekommen, ist ein schöner und willkommener Nebeneffekt“, sagt Angerstand.

Sein Tandempartner Lieber ergänzt: Das Jobsharing mache viele Dinge einfacher – privat wie geschäftlich.

Arbeitsmarktexpertin Rump sagt: „Jobsharing ist nicht kostenneutral.“ Damit das Modell funktioniert, müsse eine Stelle mit einer Kapazität von 120 Prozent besetzt – und bezahlt werden. Die Aufteilung 50/50 funktioniere beim Jobsharing nämlich nicht, weil es dann keine Überschneidungen für Übergaben gebe, so die Expertin.

Und was gilt für Führungskräfte?

Laut Gesetz natürlich dasselbe wie für Angestellte. Immerhin sagt das Arbeitsrecht ausdrücklich, dass der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern, „auch in leitenden Positionen“, Teilzeit zu ermöglichen hat.

„In der Rechtsrealität tun sich Firmen aber schwer, ihren Führungskräften weniger Arbeit zuzugestehen“, meint Anwalt Schröder. Bestünden Manager trotzdem darauf, bedeute das oft Einschnitte für die Karriere.

Vorstände und Geschäftsführer haben übrigens keinen rechtlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit, weil sie sogenannte „Organe des Unternehmens“ sind.

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