Psychologie: Damit die Coronakrise nicht zur Selbstwertkrise wird
Kurzarbeit, Kontakteinschränkungen, Angst vor dem Jobverlust – Corona wirkt auch auf das Selbstwertgefühl. Das muss nicht sein: 10 Tipps für mentale Stärke.
Zuversicht schöpfen I Wen ohnehin seine berufliche Situation stresst, sollte Kontakt zu Jammerern eher meiden. Denn negative Gedanken stecken an.
Gerade noch kurz vor der Beförderung, nun ist der Job in Gefahr. Viele Arbeitnehmer haben seit März und Ausbruch des Coronavirus etwas durchgemacht, was sie nie für möglich gehalten hätten. Sogar Mitarbeiter in der Digitalbranche – die von der Krise profitiert – geraten ins Straucheln.
Christoph Mât, Experte bei der Personal- und Organisationsberatung Korn Ferry, hat sich darüber Gedanken gemacht, wie sich Manager und Mitarbeiter heute fühlen müssen. Basierend auf seinen Erfahrungen aus der Beratung hat er Ideen entwickelt, wie es gelingen kann, den Glauben an sich selbst zu erhalten. Seine zehn besten Tipps für mehr mentale Stärke während der Krise haben wir für Sie zusammengefasst.
1. Tipp für das Selbstwertgefühl: Trennen Sie Geld und Gefühl
„Wer in der Wirtschaft arbeitet, gibt Dingen einen Wert – auch sich selbst“, sagt Unternehmensberater Mât. Für viele sei dieser Wert vom Einkommen mitbestimmt, noch vor Titel und Position: „Denn wo es um Umsätze, Profit und Deckungsbeiträge geht, ist Geld ein wichtiges Messkriterium.“
Sein Fazit: In der jetzigen Zeit, wo viele sich mit Kurzarbeit, freiwilligem Gehaltsverzicht oder unfreiwilligem Jobverlust konfrontiert sehen, sinke mit dem Einkommen auch schnell der eigene Selbstwert. Aber das muss nicht sein.
2. Tipp: Den eigenen Wert neu bestimmen
Fokussieren Sie sich darauf, welchen Beitrag Sie leisten können und mit welcher Qualität Sie Ihre Arbeit abliefern. Auch gut ist es, zu überlegen, welches Ansehen Sie genießen. Leiten sie davon Ihren beruflichen Wert ab.
Vergleichen Sie nicht das, was Sie bekommen, sondern schätzen sie das, was Sie geben. Dann wird Ihnen bewusst, wie wertvoll Sie auch jetzt sind.
3. Tipp: Gestaltungsspielraum erkennen
Tatsache ist: Angesichts des Coronavirus mit all seinen Nebenwirkungen lassen sich bisher bekannte Abläufe nur noch wenig beeinflussen. Pläne müssen verworfen werden, neue Ideen und Wege gedacht. Es lohnt daher nicht, sich daran aufzureiben. Es ist aber auch eine Chance, um herauszufinden, auf was Sie wirklich Einfluss und Gestaltungsspielraum haben können.
4. Tipp: An die neue Realität anpassen
Anstatt darauf zu warten, dass sich die Welt um Sie herum verändert, verändern Sie sich selbst. Setzen Sie Ihre Ziele neu – angepasst an die neue Realität. Damit ist nicht nur gemeint, dass Sie Ihre Ziele quantitativ anpassen. Stellen Sei die bisherigen Ziele grundsätzlich in Frage, definieren Sie die Position neu.
Das versetzt Sie in die Lage, selbst wieder das Steuer zu übernehmen statt sich nicht treiben zu lassen.
5. Tipp: Denken Sie in kleinen Erfolgen
Misserfolg deprimiert. Jeden. Deswegen ist es hilfreich, zumindest gedanklich einen neuen Weg zu gehen. Aus der Positiven Psychologie ist bekannt, dass sich aus der Summe kleiner Erfolgsschritte große Glücksgefühle entwickeln können.
Diese Erkenntnis gilt es jetzt zu nutzen. Gerade in schwierigen Zeiten hilft es, sich immer wieder kleine Erfolge bewusst zu machen. „Setzen Sie sich bewusst Ziele so, dass sie kurzfristig und mit großer Sicherheit erreichbar sind“, rät Christoph Mât. „Das wird Sie motivieren, auch die schwierigen, langfristigeren Aufgaben anzugehen.“
6. Tipp: Neue Weitsicht gewinnen
Kurze Etappen führen am Ende auch zum Ziel. Im Fall eines Jobverlusts sagen Sie nicht: „In drei Monaten habe ich einen neuen Job.“ Sondern: „Diese Woche definiere ich zehn mögliche neue berufliche Ziele. Nächste Woche habe ich für alle Ziele eine Strategie entwickelt, wie ich Kontakt aufnehme. In drei Wochen habe ich fünf Ziele persönlich kontaktiert. In Woche fünf führe ich das erste persönliche Gespräch.“
Sie werden sehen: dieses Aufteilen in kleine Schritte wird Sie deutlich mehr motivieren, als nur mit dem globalen Zielen ‚neuer Job‘ zu arbeiten. So ziehen Sie von Erfolg zu Erfolg beziehungsweise nehmen einen kleinen Misserfolg in einer Serie von bereits erreichten Erfolgen gelassener hin.
7. Tipp: Kommunizieren Sie mit Gleichgesinnten
Nicht neu, aber es hilft, sich immer wieder darüber klar zu werden, dass man nicht alleine ist. Was auch immer Ihnen gerade passiert oder wovor Sie sich fürchten, was passieren könnte.
„Identifizieren Sie darum gezielt, wer sich in einer ähnlichen Situation wie Sie befindet“, sagt Experte Mât. „Und nehmen Sie Kontakt auf, tauschen Sie sich aus.“ Dabei sei es wichtig gezielt vorzugehen und den Kontakt mit denjenigen zu vermeiden, die vor allem mit Jammern oder Selbstmitleid der neuen Situation begegnen. Denn negative Gedanken stecken an und wirken demotivierend.
8. Expertenempfehlung: So gelingt Zuversicht
Suchen Sie sich diejenigen aus, die trotz einer vielleicht schwierig wirkenden Lage zuversichtlich in die Zukunft schauen. Die über Chancen, Perspektiven und Ziele sprechen. Und die Wege aufzeigen, wie sie diese künftig erreichen wollen. Sie werden sehen, auch das wird auf Sie abfärben.
Wählen Sie gerade in dieser Krisenzeit Ihr Umfeld genau aus. Auch wenn das bedeuten mag, den ein oder anderen Kontakt zunächst nicht allzu intensiv fortzuführen.
9. Tipp: Zeigen Sie Haltung
Es ist nicht leicht, in schwierigen Zeiten psychisch stabil zu bleiben und nach außen hier stark zu erscheinen. Doch wer so auftreten kann, wirkt anderen gegenüber als Vorbild – und das hilft beiden Seiten. „Ob man ein Vorbild ist oder nicht, ist eine bewusste Entscheidung“, betont Mât.
10. Tipp: Bauen Sie sich selbst auf
Leben Sie selbst anderen vor, dass man durch eine Neu-Positionierung, neue Zielsetzungen und dem Perspektivwechsel von Risiko zu Chance auch mit persönlich sehr schwierigen Situationen umgehen kann. Sie werden sehen, wie andere diese Haltung anerkennen werden.
Automatisch werden Sie Menschen um sich herum scharen, die es Ihnen nachtun wollen und werden. Dies wird Ihnen nicht nur im hier und heute persönliche Bestätigung geben. Sie bilden jetzt auch ein wichtiges Netzwerk von Helfern und Unterstützern für Ihre Zukunft aus.