Positive Psychologie: Mit diesen Praxis-Tipps macht Ihnen Ihr Job viel mehr Spaß

Wie Vertriebsexpertin Schubert Positive Psychologie nutzt, um den Berufsalltag leichter zu machen und Glücksgefühle bei der Arbeit zu entwickeln.

Angelika Ivanov | 19.11.2023
Mit einer positiven Grundeinstellung lässt sich das Energiekonto für den Job gut aufstocken.

Entspanntes Arbeiten I Mit einer positiven Grundeinstellung lässt sich das Energiekonto für den Job gut aufstocken.

Eigentlich hilft Sandra Schubert Verkaufsprofis, besser zu werden – und zwar mit Positiver Psychologie. Statt Kunden zu verunsichern, setzt sie auf Kooperation. Mittlerweile hat die 50-Jährige daraus ein Coaching-Business gemacht und hilft anderen Verkäufern, ihren authentischen Weg zu finden. Dazu nutzt sie vor allem die Kenntnisse aus der Positiven Psychologie, einem Forschungsfeld der Psychologie. Im Interview spricht sie darüber, wie auch alle anderen Arbeitnehmer ihre Trainingsmethoden im Berufsalltag nutzen können.

Verkäufer haben einen schlechten Ruf. Was meinen Sie, woran das liegt?

Schubert: Leider stimmt das. Ich schätze, das kommt aus der Hardselling-Zeit rund um die 1980er und 1990er Jahre. Da war der Typ Verkäufer unterwegs, der Kunden über den Tisch zieht und nur seinen eigenen Profit im Blick hatte. Doch das ändert sich gerade zum Glück.

Inwiefern?

Heute sind nur Verkäufer erfolgreich, die sehr auf ihre Kunden eingehen. Sie sortieren vor, stellen die richtigen Fragen und bringen einen echten Mehrwert – gerade wenn das Angebot groß und unübersichtlich ist. Ich nenne es symbiotisches Verkaufen.

Ist der Onlinehändler Amazon da ein gutes Beispiel?

Was Amazon auf jeden Fall richtig gemacht hat, ist den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Man muss bedenken, dass der Onlinedienst zu einer Zeit begonnen hat, als es noch wenig Vertrauen in Online-Shops gab. Also hat Amazon einen Vertrauensvorschuss geleistet und etwa durch eine kulante Rückgaberegelung viel Bindung geschaffen. Für Amazon ist es meiner Meinung nach günstiger, Rücksendungen kulant zu handhaben und sich so eine gute Kundenzufriedenheit zu sichern, als sich diese über hohe Marketingausgaben zurückzuholen.

 

In ihrem Buch „Happy Sales“ geht es weniger um das Außen, die Kommunikation zum Kunden, sondern mehr um Positive Psychologie und Selbstmanagement. Warum?

Ich bin überzeugt, dass die Glückforschung als Teil der Psychologie jedem Menschen bei seiner Persönlichkeitsentwicklung und seinem Wohlbefinden hilft. Der Verkauf und Vertrieb sind meine Expertise. Gerade hier ist es besonders wichtig dauerhaft motiviert zu sein und andere motivieren zu können. Deshalb habe ich die Positive Psychologie und den Verkauf miteinander verbunden.

Welchen Ansatz der Positiven Psychologie verfolgen Sie?

Die Kernfrage lautet: Wie gelingt ein gutes Leben? Besonders interessant finde ich die Forschung der US-Forscherin Barbara Fredrickson. Sie hat die Broaden- and- Build-Theorie entwickelt, wonach wir uns durch positive Wahrnehmung besser fühlen, mehr Chancen erkennen und dadurch erfolgreicher und glücklicher arbeiten.

Ein Beispiel?

Wenn etwa der Vorgesetzte unerwartet kommt und Ihnen eine Aufgabe erteilt, ist die erste Reaktion häufig „Och, nee“. „Warum jetzt? Ich habe so viel zu tun!“.

Jetzt haben Sie als Arbeitnehmer die Wahl: Sie können entweder ihrem negativen Impuls folgen, oder inne halten und den Impuls, also die Aufgabendelegation neu deuten. Sich also fragen: Welche positiven Aspekte gibt es? Ist die Aufgabe sinnvoll? Kann ich dabei über meinen Schatten springen und was Neues lernen?

Viele Angestellte fühlen sich den Wünschen ihrer Vorgesetzten ausgeliefert. Gerade in Branchen, die unter der Krise leiden, herrscht Angst vor Kündigungen. Arbeitgeber neigen dazu zu parieren.

Das stimmt. Diese Ängste sind menschlich und verständlich. In der Positiven Psychologie geht es darum, auch vermeintlich negative Gefühle zu ergründen. Schließlich sind Ängste gut, weil sie in kritischen Situationen unsere Sinne schärfen und das Überleben sichern. Wichtig ist, sie zu verstehen und richtig einzuordnen.

Wie geht das?

Dafür brauchen Sie zunächst Zeit für sich und vor allem die Bereitschaft, ehrlich mit sich und Ihren Gefühlen zu sein. Im ersten Ansatz geht es darum, zu ergründen welches negative Gefühl man empfindet und warum. Aber Achtung, sich einfach als Opfer zu fühlen und in dieser Rolle zu suhlen, ist zu einfach. Dabei vergessen Arbeitnehmer manchmal, dass sie durchaus auch „Nein“ sagen können.

Und dann riskieren, als Querulant negativ aufzufallen?

Das muss nicht sein. Oft stecken wir in der „Harmoniefalle“ und wollen lieb sein. Das hilft uns aber gerade im Beruf selten weiter. Der Trick ist, ein „Nein“ konstruktiv zu formulieren. Wer einfach nur ablehnt, stößt beim Gegenüber auf eine Blockade. Entweder folgt dann Frust oder Druck. Klüger ist das Nein zu begründen. Sie können etwa fragen: „Warum ist Ihrer Meinung nach die Aufgabe jetzt sinnvoll? Helfen Sie mir bitte, das richtig zu verstehen.“

Vielleicht haben sie auch selbst eine Idee, was für das Unternehmen sinnvoller ist? Diese konstruktive Auseinandersetzung mit der Aufgabe und den Prioritäten bringt alle nach vorne.

Was, wenn ich mich nicht klug rausreden kann und eine unliebsame Aufgabe erledigen muss?

Auch das ist normal im Arbeitsalltag. Es gibt einfach Aufgaben, die keinen Spaß machen. Aus der Positiven Psychologie argumentiert, ist es dann an der Zeit, darüber nachzudenken, wie es einfacher geht: Kann ich vielleicht die unterhaltsame Kollegin mit ins Boot holen und es zusammen machen? Vielleicht gönne ich mir anschließend eine kleine Freude? Man muss sich die Arbeit auch selbst gut verkaufen.

Braucht es dafür nicht viel Optimismus und Selbsttäuschung?

Es braucht grundsätzlich eine positive Einstellung. Das meint aber keineswegs, sich alles „schön zu reden“ und euphorisch im Kreis zu springen. Die Idee ist, hingegen nach Wegen zu suchen, wie sich die Situation zum Besseren wenden kann. Die Forschung zeigt, dass Menschen so leichter durchs Leben kommen.

Dabei ist der Hang zum Optimismus und unser persönliches Glücklevel zum Teil vererbt. Jeder hat also so eine Art natürliche Glücks- und Optimismus-Startvorgabe. Doch wie wir dann täglich agieren und unsere Umwelt erleben und bewerten, das können wir selbst steuern. Das heißt: Optimismus und Glücksempfinden kann man trainieren.

Wie viele Minuten am Tag?

Ich würde mal sagen, mindestens 15 Minuten. Ich empfehle gern den Positivcheck. Dazu schreiben Sie am Ende des Arbeitstages drei Dinge auf, die gut gelaufen, also geglückt, sind. Das müssen keine Meilensteine sein. Es reicht schon ein freundliches Kundengespräch, die gelungene Tabellenkalkulation oder ein nettes Meeting mit den Kollegen.

Was soll das bringen?

Kurzfristig ist es schön, so den Arbeitstag abzuschließen. Hinzukommt die positive Langzeitfolge: Erfolge geben uns ein gutes Gefühl. Das fließt auf unser Energiekonto ein. Wenn Sie vier Wochen lang den Positivcheck machen, steigt ihre positive Energie nachhaltig. Das fördert Motivation und Kreativität.

Aber müssen wir diese positive Rückbetrachtung nur alleine machen?

Auf keinen Fall! Holen Sie sich unbedingt auch Feedback ein – sei es vom Chef oder vom Kunden. Auch bei kleinen Aufgaben.

Viele denken, die Vorgesetzten müssten von sich aus loben. Aber ich finde, es gibt auch eine Holschuld für Rückmeldungen. Profitieren tun wir dabei auf jeden Fall: entweder wir bekommen ein positives Feedback und damit ein gutes Gefühl, oder wir lernen daraus, was in Zukunft besser laufen kann.

Mehr: „Zoom-Fatigue“: Warum uns Videokonferenzen auslaugen