Konkurrenz am Arbeitsplatz: Wenn im Büro der Feind lauert
Acht Tipps für Manager und Mitarbeiter, um nicht in die Falle zu tappen und die eigene Position zu stärken.
Wer ist der Champion? Beim Bürokampf geht es nicht selten genauso zu wie im Boxring: Austeilen und einstecken lautet die Devise. Gewinnen ist alles. Foto: Hermes Rivera on Unsplash
Im Büro geht es mitunter zu wie im Boxring: Wer ist der Beste? Wer Freund, wer Feind? Damit hat auch Markus Schneider (Name von der Redaktion geändert) seine Erfahrungen gemacht.
Schon mit Ende 20 gehörte er zur obersten Führungsebene einer Immobiliengesellschaft mit hunderten Angestellten, nur der Vorstand war über ihm. Allein dass er so schnell so weit oben angelangt war, sorgte bei vielen Kollegen für Missgunst.
Was ihn zum Feind im Büro machte: Bei einer Beförderung musste Schneider zwischen zwei Kandidaten entscheiden. Der Unterlegene versuchte fortan, ihn zu sabotieren und stachelte weitere Kollegen an.
Sie ließen Schneider in Meetings schlecht aussehen, hielten E-Mails zurück, bauten absichtlich Fehler in Kalkulationen ein und machten Kunden falsche Versprechungen.
Konkurrenz unter Kollegen ist in Deutschlands Unternehmen alltäglich. Schließlich kann nur einer die Teamleitung bekommen, nur ein Investitionsprojekt wird realisiert, und nicht jeder erhält den Zuschlag bei einer Gehaltserhöhung.
In Zeiten, in denen Ökonomen eine Wirtschaftsflaute befürchten und Konzerne quer durch alle Branchen Stellen abbauen, wird Konkurrenz unter Kollegen relevanter denn je. Und unangenehmer.
„In solchen Phasen ist sich jeder selbst am nächsten und schaut im internen Wettbewerb, wie er überleben kann“, sagt Niels van Quaquebeke, Professor für Unternehmensführung und Organisationspsychologie an der privaten Kühne Logistics Universität (KLU) in Hamburg.
Wettstreit ist sinnvoll – aber nur bis zu einem gewissen Maß
Bei allen Problemen, die Rivalitäten im Büro mit sich bringen. Ein gewisser Wettstreit unter Kollegen ist durchaus sinnvoll.
„Wenn der Wettbewerb konstruktiv ist, sind die Mitarbeiter viel motivierter, legen noch eine Schippe drauf und haben durch den positiven Stress bessere Ideen“, sagt Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig.
Doch wenn es längst nicht mehr um Inhalte geht, sondern nur noch darum, Seilschaften zu bilden, um die Kollegen zu schikanieren und zu sabotieren, dann zerstört Wettbewerb das Geschäft und schadet dem Wohl des Unternehmens.
Im Extremfall kann aus Missgunst sogar Mobbing werden – mit dem Ziel, den Kollegen um jeden Preis loszuwerden.
Im Falle von Schneider haben seine Gegner genau das geschafft: Die junge Führungskraft hat das Unternehmen verlassen.
„Ich wurde nicht wirklich ernst genommen, musste immer doppelt und dreifach argumentieren, während Vorschläge einiger Kollegen durchgewunken wurden.“ Also ging er zur Konkurrenz.
Doch wie können Führungskräfte dafür sorgen, dass Mitarbeiter in der Firma bleiben und dort um die Sache wetteifern, statt sich mit unfairen Methoden auszustechen? Hier kommen vier Tipps für Manager:
Manager-Tipp 1: Gemeinsame Ziele
Gerade Managern kommt beim Thema Konkurrenz eine besondere Aufgabe zu. „Wenn Missgunst das Arbeitsklima vergiftet, haben die Führungskräfte nicht ihre Aufgaben erfüllt“, sagt Arbeitspsychologe Zacher.
Ein wichtiger Tipp: Führungskräfte sollten ein übergeordnetes, gemeinsames Ziel ausrufen, sagt Gudrun Happich vom Galileo-Institut für Human Excellence in Köln.
„Jeder Mitarbeiter muss wissen, dass der Einzelne zwar mit seinen Fähigkeiten gefragt ist, das gemeinsame Ziel aber nur erreicht werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen.“
Mitarbeitern müsse auch klar gemacht werden, dass Missgunst im Büro nicht erwünscht und mit Abmahnungen und Entlassungen strikt geahndet werde.
Manager-Tipp 2: Neue Vergleichsebene
Forscher Quaquebeke rät Führungskräften, dass sie ihre Angestellten nicht auf Weihnachtsfeiern oder bei Meetings vor allen vergleichen sollen, das schüre Neid. Besser: In Einzelgesprächen auf die individuelle Entwicklung eingehen.
Manager sollten ihre Mitarbeiter auch dazu anhalten, nicht mit den eigenen Kollegen, sondern mit anderen Teams oder anderen Firmen in den Wettstreit zu gehen – auch das befriedigt den menschlichen Vergleichstrieb.
Manager-Tipp 3: Mitarbeiter sensibilisieren
Um Kooperation zu fördern, sollten Chefs ihre Angestellten für das Thema sensibilisieren – indem sie ihnen verdeutlichen, dass Konflikte vor allem dann entstehen, wenn sie verdeckt und hinterrücks streiten, so die Kölner Karriereberaterin Happich.
Was auch dazu gehört: die Mitarbeiter nicht gegenseitig ausspielen. Manche Manager mögen das als Führungsstil etabliert haben, doch bei den meisten Angestellten wird so nur Missgunst geschürt.
Manager-Tipp 4: Gemeinsame Rituale
Es kann auch sinnvoll sein, gemeinsame Erlebnisse zu fördern. Wer regelmäßig zusammen isst oder ab und an bowlen geht, kooperiert auch im Büro oft besser.
Solche Ratschläge sollten Manager vor allem in Branchen befolgen, die besonders anfällig für Rivalität sind: im Investmentbanking oder der Beratungsbranche etwa – dort eben, wo leistungsbasierte Bonussysteme den Wettbewerb zusätzlich anfachen.
Um den Frieden im Büro zu wahren, raten Arbeitspsychologen deshalb von Bonussystemen ab.
Mitarbeiter sind insbesondere in Deutschland von Rivalität betroffen, zeigt eine internationale Umfrage der Jobplattform Monster. Jeder Vierte hat hierzulande schon einmal seinen Job gekündigt, weil er den Konkurrenzkampf nicht mehr ertragen konnte, 30 Prozent haben darüber zumindest schon nachgedacht.
Und was können die Angestellten tun, wenn unter den Machtspielen ihrer Kollegen leiden? Vier Tipps für Mitarbeiter:
Mitarbeiter-Tipp 1: Tagebuch führen
Konkrete Situationen in einem Tagebuch aufschreiben und sich Hilfe bei Betriebsrat und Vorgesetztem holen – und sachlich mit dem ungeliebten Kollegen sprechen.
Viele Betroffene hätten dazu allerdings nicht den Mut, weiß Karriereberaterin Happich von ihren Klienten. „Neid ist ein Tabuthema.“
Was auch hilft: den Kollegen sachlich darauf hinweisen. Die offene Konfrontation kann abschreckend wirken.
Mitarbeiter-Tipp 2: Neue Vergleichsebene
Was für Manager gilt, ist auch gut für die Mitarbeiter: eine neue Vergleichsebene suchen. Das hilft, erst gar nicht neidisch zu werden.
„Mitarbeiter sollten sich nicht immer mit den Besten im Büro vergleichen oder sich bewusst werden, dass etwa ihr Privatleben gut läuft“, sagt Arbeitspsychologe Zacher. Dann, so der Experte, sei der Vergleich weniger schmerzhaft.
Oder man wird im besten Fall erst gar nicht neidisch.
Mitarbeiter-Tipp 3: Leistung zeigen
Klingt banal, hilft aber: Solange Mitarbeiter beständig durch messbare Leistungen überzeugen, dürften nur wenige Chefs die Position anzweifeln. Hilfreich: Ein Netzwerk aufbauen, um im Zweifel Fürsprecher zu haben.
Mitarbeiter-Tipp 4: Führungskraft scannen
Ein neuer Job sollte nur der letzte Ausweg sein, doch es ist nie verkehrt, Optionen bei einer anderen Firma zu haben. Auf den Feind im Büro sollten Bewerber verstärkt bei ihrer Jobwahl achten, nicht nur aufs Gehalt und das Image der Firma, rät Forscher Quaquebeke.
„Es ist einer der wichtigsten Karriereentscheidungen für welche Führungskraft Angestellte arbeiten.“ Ein guter Manager könne zu einer schnellen Entwicklung beitragen – oder sie eben unterdrücken.