So bewältigen Sie die E-Mail-Flut
E-Mails sind nützlich, aber eben auch ein großer Zeitfresser für Fach- und Führungskräfte. Was Sie lassen sollten, damit Sie Ihr E-Mail-Postfach endlich in den Griff kriegen.
Die Zahlen sind erschreckend. 30.000 E-Mails erhalten Führungskräfte pro Schnitt jedes Jahr. Zum Vergleich: In der Arbeitswelt von früher waren es etwa 1000 Nachrichten – und die kamen mit verlässlicher postalischer Verzögerung. Ein Arbeitstag pro Woche geht mittlerweile im Schnitt für das Schreiben und Beantworten von Mails drauf, sagen Experten. Viele der kurzen Nachrichten rauben Fach- und Führungskräften Kraft und Nerven und kosten viel Zeit.
Sechs Tipps, wie Sie den E-Mail-Wahnsinn auf das Nötigste reduzieren:
Hören Sie auf, alte Verteiler zu lesen
Wer intern aufsteigt, die Abteilung oder sogar den Standort wechselt, vergisst gerne sich aus Massenverteilern auszutragen. Ist ja auch spannend, was die alten Kollegen so am digitalen Stammtisch diskutieren. Stimmt. Bloß ist das nicht mehr Ihr Bier.
„Jede E-Mail, die sie nicht mehr bekommen, belastet sie auch nicht“, sagt Zeitmanagement-Trainerin Cordula Nussbaum. Ihr Tipp deshalb: Radikaler Verteilerverzicht. Sind Sie nur noch damit beschäftigt, Massenmails zu löschen, sollten Sie sich in einer ruhigen Stunde nach Feierabend hinsetzen und Inventur machen. Fragen Sie sich: Auf welchen Verteilern müssen Sie wirklich sein? Wo können Sie sich besten Gewissens abmelden? Sie werden überrascht sein, wie schnell die Zahl der unbeantworteten Mails in Ihrer Inbox sinkt.
Hören Sie auf mit der CC-ritis
Neben nervigen Newslettern und ewig alten Verteilern lohnt sich auch ein Blick auf Ihre CC-Mails. Auch müssten sich Fach- und Führungskräfte laut Zeitexpertin Nussbaum fragen: „Muss ich das wirklich alles wissen?“ Prinzipiell bekommen leitende Angestellte CC-Mails aus drei Gründen:
- Unaufmerksamkeit: Etwa wenn jemand das An-Feld mit dem CC-Feld verwechselt hat oder ihm die Unterschiede nicht bewusst sind;
- „Cover your ass“-Mentalität: Etwa wenn ein Mitarbeiter aus Scheu vor Konsequenzen seine Arbeit dokumentiert, um bei Unstimmigkeiten sagen zu können, er habe ja alle informiert;
- Tatsächliche Information: Wenn ein Mitarbeiter Sie über etwas wirklich Wichtiges informieren will.
Da eigentlich nur der letzte Grund einen sinnvollen Nutzen der CC-Funktion darstellt, sollten CC-Mails, die unter Unaufmerksamkeit oder „Cover your ass“-Mentalität fallen, möglichst abstellt werden. „Das klappt durch klar kommunizierte Regeln“, sagt Nussbaum. Beispiel: Teammitgliedern und Kunden sagen, dass bei wirklich wichtigen Dingen die Ansprechpartner bitte immer ins An-Feld gehören und CC-Mails nicht gelesen werden.
Damit die CC-ritis nicht ihren E-Mail-Posteingang verpestet, lassen sich Filter-Regeln für iPhone („intelligentes Postfach“), Android, Outlook oder Apple Mail so einstellen, dass Mails, in denen Sie im CC-Feld stehen, automatisch in einen separaten Ordner wegsortiert werden. Diesen können Sie ja mal alle eins, zwei Wochen überfliegen – und werden feststellen, was dort wirklich wichtig war.
Hören Sie auf, E-Mails händisch zu sortieren
Viele Fach- und Führungskräfte haben über die Jahre ein feingliedriges Ordner- und Subordner-System in ihren Mailprogrammen angelegt, bei dem eigentlich nicht einmal mehr sie selbst durchblicken. Löschen Sie deshalb so sinnlose Ordner wie „Top-Projekte 2004“ oder „Müll – bitte löschen!“.
Zeitmanagement-Expertin Nussbaum rät sogar ganz dazu, auf das Sortieren von Mails zu verzichten. Sie nutzt das Flaggensystem von Microsoft Outlook (Rechtsklick auf eine Mail/„Zur Nachverfolgung“). Dort lässt sich festlegen, ob Sie eine Mail heute, morgen, diese oder nächste Woche bearbeiten werden soll. „Mehr brauche ich nicht zu wissen.“
Hören Sie auf, E-Mails zu löschen
Inbox Zero, Zero Inbox, Zero-Mail-Policy – es gibt viele Ausdrücke und ebenso viele Seminare, Tutorials und Trainings dafür, dass man sein Postfach so pflegt, dass es keine ungelesenen E-Mails gibt. Dabei kann es durchaus ein weiterer Zeitkiller sein, Mails vom Posteingang in den Papierkorb zu verschieben.
Viele Fachkräfte und Manager gehen deshalb dazu über, unwichtige Mails nicht einmal mehr zu öffnen und als ungelesen im Posteingang liegen zu lassen. Klar, nicht jeder kann mit einer rotblinkenden dreistelligen Zahl in seinem Email-Postfach leben – aber versuchen kann man es ja mal eine Weile. Eine Zeitersparnis ist es in jedem Fall.
Hören Sie auf, E-Mails sofort zu lesen
Pling. Mal eben kurz gucken, wer schreibt? Tun Sie sich selbst einen Gefallen: Lassen Sie es! Jede E-Mail-Benachrichtigung ist wie ein kurzes An-die-Türklopfen oder Telefonklingeln – ein Störfaktor. „Im Schnitt brauchen wir 64 Sekunden, um nach dem Lesen einer E-Mail wieder in den Arbeitsmodus zu kommen“, sagt Nussbaum. Homeoffice: Stress durch zu viele Informationen. Zu viele Accounts, zu viele Tools – deutsche Arbeitnehmer verlieren gerade im Homeoffice zunehmend den Überblick, zeigt eine Studie.
Besser ist es, die E-Mail-Benachrichtigung auf dem Handy (hier eine Anleitung für Apple iOS, hier eine Anleitung für Android) oder in Outlook bzw. Apple Mail zu deaktivieren.
Wann das Mailchecken am sinnvollsten ist – morgens, mittags, abends, immer als erstes, immer als letztes, nur bei Vollmond – darüber gibt es so viele Theorien wie Zeitmanagement-Bücher. Wichtig ist, dass man sich einen festen Zeitrahmen für das Bearbeiten von E-Mails setzt – am besten einen Slot von 15 bis 20 Minuten.
Nur Sie selbst wissen, wie viele solcher E-Mails-Bearbeitungsslots Sie benötigen. Denn feststeht: Ein Vertriebler, der zwei Mal am Tag seine Mails checkt und das Telefon ausstöpselt, wird nicht mehr allzu lange Freude an seinem Job haben.
Tauschen Sie sich auch mit Kollegen aus Ihrer Abteilung aus, denen Sie ein gutes Zeitmanagement zutrauen. Das gibt Inspiration für das eigene Mail-Verhalten.
Hören Sie auf, alles in eine E-Mail schreiben zu wollen
Bestimmt haben Sie auch schon Mails mit Betreffzeilen wie „Fünf schnelle Fragen“ oder „eine kleine und eine große Bitte“ bekommen oder versendet. Das Problem an solchen Nachrichten: Es dauert unter Umständen sehr lange, bis Sie die Mail voll abgearbeitet haben. Das belastet.
Besser ist es, ein To-Do mit einem aussagekräftigen Betreff wie „Projektpartner X anrufen“ in eine E-Mail zu packen und diese entsprechende Regel auch im Team oder sogar beim Kunden, wo möglich, zu kommunizieren.
Jede To-Do-Mail können Sie erneut mit dem Flaggensystem etwa von Microsoft Outlook (Rechtsklick auf eine Mail/„Zur Nachverfolgung“) priorisieren und Mail für Mail abarbeiten. „Klar bekommen Sie so unterm Strich mehr E-Mails“, sagt Nussbaum. Doch der psychologische Effekt, eine Mail schneller abzuarbeiten, entschädigt dafür und hilft Ihnen, den Überblick über Ihre Arbeitspakete zu behalten.