Standortwechsel: Meine Firma zieht um – muss ich mit?
Es kommt vor allem darauf an, wie weit die neue Zentrale entfernt ist.
Davor fürchten sich viele Mitarbeiter: Die Firma zieht in eine andere Stadt. Doch darf mich der Chef einfach so versetzen?
„Dreimal umziehen ist so schlimm, wie einmal abbrennen“, hat Benjamin Franklin einmal gesagt. Wer mehrfach umgezogen ist, weiß auf welchen Aufwand der amerikanische Staatsmann abzielt. Das gilt umso mehr, wenn Firmen ihre Zentralen verlegen oder neue Standorte eröffnen.
Bürostühle, Tische, Schränke, Akten und Computer müssen dann eingepackt, Visitenkarten und Signaturen geändert werden. Halb so schlimm. Aber gerade für die Mitarbeiter bedeutet ein Firmenumzug Umbruch, Veränderung und Verunsicherung.
So ist manch einer in der Stadt doch gerade erst heimisch geworden, wenn der Chef die Standortverlegung anordnet. Doch muss ich auch mit, wenn meine Firma umzieht?
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Wohin die Reise geht: Aufs Land oder in die Metropolen?
Diese Frage dürften sich Angestellte gar nicht so selten stellen. Denn zwischen 2017 und 2018 wechselten 86.600 Firmen innerhalb von Deutschland ihren Sitz – das sind drei Prozent aller Unternehmen.
2004 waren es nur 60.000. Das zeigt eine Analyse des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW für karriere.de.
Demnach ziehen vor allem kleinere Unternehmen um und diejenigen aus dem Dienstleistungsgewerbe – schließlich ist ein Umzug für sie zumindest in logistischer Sicht vergleichsweise einfach, weil keine großen Maschinenparks mitmüssen.
Einen Umzugstrend in die Metropolen erkennt ZEW-Forscher Johannes Bersch derweil nicht. So sei es in urbanen Regionen zwar leichter, Fachkräfte zu finden, für einen Umzug aufs Land sprächen jedoch niedrigere Kosten für Grund und Immobilien.
Arbeitgeber bestimmt: Pflichtumzug bei kurzen Entfernungen bis fünf Kilometer
Egal in welche Richtung: Die Beschäftigten müssen sich überlegen, ob sie hinterherziehen. Verlagert das Unternehmen seinen Standort um weniger als fünf Kilometer, sind sie rechtlich dazu verpflichtet, am neuen Standort weiterzuarbeiten.
„Das ist durch das Direktionsrechts des Arbeitgebers gedeckt“, sagt Arbeitsrechtler Sebastian Schröder von der Düsseldorfer Kanzlei Aquan. Das Direktions- wird auch Weisungsrecht genannt und ist so etwas wie das Königsrecht des Arbeitgebers, erklärt Schröder.
Das dürfte die Frage für die meisten Beschäftigten geklärt haben, denn 64 Prozent der Unternehmen ziehen innerhalb von fünf Kilometern um, zeigt die ZEW-Auswertung. Umzüge von mehr als 20 Kilometer sind demnach selten.
Arbeitsvertrag regelt: Versetzungsklauseln auch für weitere Entfernungen
Bei solch großen Standortverlegungen lohnt ein Blick in den Arbeitsvertrag. Ist der Arbeitsort dort konkret festgelegt, muss der Beschäftigte auch nur am bisherigen Ort arbeiten – der Chef kann ihn dann nicht einfach gegen seinen Wunsch versetzen.
Gerade die neuen Arbeitsverträge enthalten allerdings oft Versetzungsklauseln. „Damit hat der Arbeitgeber das Recht, die Mitarbeiter auch an einen anderen Ort zu versetzen – wobei jeder Umzug auch zumutbar sein muss“, sagt Jurist Schröder.
Was das genau bedeutet, ist von Fall zu Fall verschieden.
Zur Orientierung kann ein Urteil des hessischen Landesarbeitsgerichts von 2011 dienen: Eine junge Mutter, in deren Vertrag eine Versetzungsklausel stand, sollte zwei Tage pro Woche in der Konzernzentrale ihres Arbeitgebers in London arbeiten, weil das Büro in Frankfurt geschlossen wurde.
Doch das Gericht hielt das für unzumutbar. Es verpflichtete den Arbeitgeber dazu, die Mutter von zu Hause oder dem bisherigen Büro arbeiten zu lassen.
Auslegungsfrage: Wenn der Ort nicht im Vertrag steht
Und wenn im Vertrag die Versetzungsklausel fehlt und auch der Ort nicht festgelegt ist? Dann gilt Paragraf 106 der Gewerbeordnung. Demnach kann der Arbeitgeber „Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen“. Heißt: Der Arbeitsort wird durch Auslegung ermittelt oder vom Arbeitgeber festgelegt. „So müssen etwa Alleinstehende eher damit rechnen, dauerhaft versetzt zu werden als der Familienvater mit drei Kindern“, sagt Anwalt Schröder.
Doch der Spielraum des Arbeitgebers ist eingeschränkt. Beispiel: Das hessische Landesgericht entschied 2007, dass eine Sachbearbeiterin ihrem Unternehmen nicht 270 Kilometer folgen muss. Das Gericht befand: Das überschreitet das Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Drei Optionen: Wann der Mitarbeiter nicht mit muss
Wenn der Mitarbeiter arbeitsvertraglich nicht zum Umzug verpflichtet ist, muss sein Unternehmen ihm notfalls eine sogenannte Änderungskündigung aussprechen. Bedeutet: Das bestehende Arbeitsverhältnis wird gekündigt, gleichzeitig bekommt der Mitarbeiter einen Vertrag für den neuen Einsatzort angeboten.
Angestellte haben dann drei Optionen:
- Sie können mit ihrer Firma umziehen – dann ändert sich ihr Arbeitsvertrag auf den neuen Arbeitsort.
- Sie können das Angebot ablehnen. Dann wird aus der Änderungskündigung eine Beendigungskündigung – der Mitarbeiter muss die Firma verlassen, wenn am bisherigen Standort nicht weitergearbeitet wird.
- Sie können das Angebot unter Vorbehalt annehmen. In einem solchen Fall müssen sie zwar am neuen Standort arbeiten, können aber von einem Arbeitsgericht prüfen lassen, ob die Versetzung zum neuen Standort rechtens war.
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