Rechte bei der Jobsuche: Diese Fragen sind im Bewerbungsgespräch verboten

Welche Fragen während des Vorstellungsgesprächs unzulässig sind und wie sie darauf reagieren können.

Angelika Ivanov | 17.11.2024
Bei unzulässigen Fragen dürfen Bewerber einfach lügen.

Hürden im Vorstellungsgespräch Bei unzulässigen Fragen dürfen Bewerber einfach lügen. Foto: Johanna Buguet/Unsplash © Karriere

Was alles bei einem Bewerbungsgespräch schief gehen kann, hat Andrea Fredenich* (Name von der Redaktion geändert) nur geahnt. Dann saß die 38-jährige Ingenieurin im Vorstellungsgespräch bei einem großen deutschen Autohersteller. Nach kurzem Geplänkel fragte sie der Abteilungschef, wie sie sich „den Job vorstelle, wenn sie Kinder bekommt“.

Fredenich fiel die Kinnlade herunter. „Dann stotterte er herum, dass er unsicher sei, ob er das überhaupt fragen dürfe. Dabei wusste er das als Führungsperson von zwölf Angestellten ganz genau“, empört sie sich.

„Eine absolut unzulässige Frage“, sagt auch Sandra Fläming, Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Vor Gericht kann das das Unternehmen schnell mal 10.000 Euro kosten“, erklärt sie.

Wird eine Frau während eines Vorstellungsgesprächs auf ihre Familienplanung angesprochen und bekommt anschließend eine Absage, reiche das als Indiz für eine Diskriminierung. „Die Chancen der Klägerin für eine Schadensersatzklage sind in diesem Fall sehr gut“, sagt Fläming.

Bei den Qualifikationen unbedingt die Wahrheit sagen

Die Frage nach der Familienplanung ist wohl der bekannteste Fall von unzulässigen Fragen bei Bewerbungen. Doch die Liste ist lang.

„Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein Fragerecht bei Bewerbern. Schließlich muss er überprüfen, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Position geeignet ist”, erklärt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.

So müssen Bewerber Fragen, die im Zusammenhang mit den betrieblichen Anforderungen an die Position stehen, wahrheitsgemäß beantworten. Sprich sie müssen ehrlich sein bei den Angaben zur Berufserfahrung oder der persönlichen Verfügbarkeit. Bei unzulässigen Fragen, wie etwa der Frage nach der Schwangerschaft, dürfen Bewerber und Bewerberinnen aber lügen. Ein Überblick:

Schwangerschaft – unzulässig

Bei Bewerbungen dürfen Frauen nicht nach bestehenden oder geplanten Schwangerschaft gefragt werden. „Das gilt selbst dann, wenn die Frau von Beginn an aufgrund ihrer Schwangerschaft einem Beschäftigungsverbot unterliegen würde“, sagt Fachanwältin Flämig. Schließlich ist eine Schwangerschaft vorübergehend.

Ausnahme: Ist das Arbeitsverhältnis so kurz befristet, dass die Frau gar nicht zur Arbeit erscheinen könnte, darf die Frage im Bewerbungsprozess gestellt werden.

Krankheit – teilweise unzulässig

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer nichts über ihren gesundheitlichen Zustand verraten.
Ausnahme: Haben Bewerber eine ansteckende Krankheit, die Kunden oder Kollegen gefährdet oder leiden an etwas, das ihre Arbeitsleistung dauerhaft mindert, müssen sie es selbst offenlegen.

Behinderung – unzulässig

Der potentielle Arbeitgeber darf bei der Bewerbung nicht nach einer Behinderung fragen.

Ausnahme: Hat der Arbeitnehmer berechtigte Zweifel an der Eignung des Bewerbers für den Job, darf die Frage gestellt werden.

Familienstand – unzulässig

Ledig, verheiratet oder liiert? Die Frage ist während des Bewerbungsgesprächs verboten. Bewerber dürfen hier ohne rechtliche Konsequenzen lügen, weil keine Antwort an dieser Stelle von Nachteil sein kann.

Herkunft – unzulässig

Kurzer Blick auf den Nachnamen, schon kommt im anfänglichen Smalltalk die Frage: „Wo kommen Sie eigentlich her?“ über die Lippen. Im Bewerbungsgespräch ein absolutes „No-Go“. Das besagt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Wegen sogenannter akriptiver Merkmale, also Dinge auf die ein Mensch keinen Einfluss hat wie Herkunft, Haarfarbe, Geschlecht und Alter, darf niemand benachteiligt werden.

Religion oder Gewerkschaft – meistens unzulässig

Genau wie die Frage nach der Herkunft, müssen Arbeitnehmer auch das Gespräch über Weltanschauung und Religion außer Acht lassen.

Ausnahme: Konfessionelle Arbeitgeber, wie etwa die Kirche oder Träger der Kirche, dürfen Anwärter nach ihrer Religionszugehörigkeit fragen.

Qualifikationen – zulässig

Die Fragen nach Kenntnissen und Fähigkeiten sind zulässig. Schließlich geht es im Bewerbungsgespräch genau darum herauszufinden, ob der oder die Bewerberin auf die Stelle passt. Hier darf keinesfalls gelogen werden. Sonst kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag im Nachhinein wegen Täuschung anfechten. Das kann im schlimmsten Fall mit hohen Schadenersatzansprüchen enden, die der Jobsuchende zahlen muss.

Vermögen – selten zulässig

Allgemein gehört die Frage nach Geld und Besitz zu den unzulässigen Fragen. Das LAG Bremen hat entschieden, dass gegenüber dem Arbeitgeber keine Verpflichtung besteht, vorhandene Verbindlichkeiten zu offenbaren (LAG Bremen vom 4.2.1981 – 2 Sa 207/80).

Ausnahme: Besteht der Job darin, Gelder zu verwalten oder besteht die Gefahr der Bestechung, dürfen sich Arbeitgeber nach den Vermögensverhältnissen erkundigen. Dann müssen Sie auch ehrlich antworten.

Vor- oder Haftstrafen – teilweise zulässig

Grundsätzlich darf nicht nach bestehenden Vor- oder Haftstrafen gefragt werden.

Jedoch gibt es hier einige Ausnahmen: Erfordert die auszuübende Tätigkeit diese Frage, ist es erlaubt. Beispiel: Will etwa eine Bank eine Person im Kassenbereich einsetzen, sind Fragen nach Vermögensdelikten gestattet. Oder: Nachhilfeschulen können von neuen Lehrern ein polizeiliches Führungszeugnis einfordern, weil sie eine „kinder- und jugendnahe Tätigkeiten“ ausführen.

Mögliche Antwort und Reaktion auf unzulässige Fragen beim Vorstellungsgespräch

David Döbele, Gründer von karrierefreund.de meint, dass mit unzulässigen Fragen Bewerber für den beruflichen Alltag getestet werden. „Bei Kundenterminen kommt es vor, dass man mit vollkommen unerwarteten Situationen konfrontiert wird. Dann muss man professionell improvisieren. Wenn ein Bewerber von einer unerwarteten Frage vollkommen aus der Bahn geworfen wird, wird er sich vermutlich auch in heiklen Situationen im späteren Job schwer verkaufen können.“

Dabei müssen Bewerber wissen, dass sie grundsätzlich keiner Offenbarungspflicht unterliegen. Das bedeutet: Wer nicht gefragt wird, muss auch nichts von sich aus offenlegen.

Sehen sich Bewerber mit einer unzulässigen Frage konfrontiert, haben sie drei Optionen:

  1. Sie stehen auf und gehen, weil durch die Rechtsverletzung der Arbeitgeber nicht mehr in Frage kommt.
  2. Sie lügen, um weiterhin eine Chance im Bewerbungsprozess zu haben.
  3. Sie fragen selbstbewusst zurück, um die Ursache der Frage herauszufinden.

Letzteres empfiehlt Döbele. Seiner Ansicht nach wäre ein gute Antwort auf die Frage der Familienplanung: „Das kann ich Ihnen gerne beantworten. Allerdings sehe ich gerade nicht, warum so ein privates Thema Bestandteil dieses Gesprächs werden sollte. Gibt es dafür irgendeinen bestimmten Grund?” Das eröffnet die Möglichkeit sachlich über das Thema zu sprechen.

„Beim Thema Familienplanung wäre das zum Beispiel, die Angst des Arbeitgebers, dass der oder die neue Mitarbeiterin nach sechs Monaten im Job wieder fehlt. Bewerber könnten dann versichern, dass sie motiviert sind und sich erst einmal im Job beweisen wollen“, sagt Döbele. Sollte der gerade frisch Arbeitnehmer dann doch ungeplant Mutter oder Vater werden, sind sie rechtlich dennoch auf der sicheren Seite.

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