Arbeitsrecht: Wettbewerbsverbot: 3 Tipps, wie Sie trotzdem zur Konkurrenz wechseln
Konkurrenzverbote im Arbeitsvertrag können den Wechsel zu Mitbewerbern verhindern. Wie es trotzdem gelingen kann.
Wechsel in ein anderes Unternehmen Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot kann diesen Karriereschritt vereiteln. © Karriere Foto: Jakob Cotton/Unsplash
Ein Wechsel zur Konkurrenz? Headhunter locken Spezialisten selbst in der Krise mit lukrativen Jobangeboten. Vor allem Manager aus den Bereichen Pharma-, Chemie- und Medizintechnik, aber auch Investmentbanker und IT-Spezialisten sind in Wechselstimmung.
Doch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot kann diesen Karriereschritt vereiteln: Bis zu zwei Jahre lang darf der Chef per Gesetz das Überlaufen zur Konkurrenz verhindern – sofern er dem Ex-Angestellten dafür eine angemessene Entschädigung zahlt. Hält der Mitarbeiter sich nicht an seine Zusage, kann der bisherige Chef eine Unterlassung vor Gericht erzwingen.
Die Motivation dahinter ist klar: Wechseln wichtige Mitarbeiter zur Konkurrenz, droht dem Arbeitgeber Schaden. Know-how und Firmengeheimnisse könnten künftig gegen ihn verwendet werden. Eine Sperrklausel soll das verhindern. Denn: Je mehr Zeit verstreicht, desto uninteressanter sind die eigenen Interna für andere Unternehmen.
Jörg Kasten, Managing Partner der Personalberatung Boyden, beobachtet aktuell, dass „mit härteren Bandagen gekämpft“ werde: „Zeigte sich früher mancher Arbeitgeber großzügig und ließ Mitarbeiter auch zur Konkurrenz ziehen, statuiert derzeit so mancher nun ein Exempel.“
Doch nicht immer ist die Sperrklausel wasserdicht. Im Gegenteil: Konkurrenzverbote werden schon deshalb gekippt, weil einfachste Formalien nicht erfüllt sind. Etwa, dass die Vereinbarung nicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschrieben worden ist.
Das ist jedoch nur ein Hebel, der ein Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag ungültig macht, weiß der Berliner Arbeitsrechtsexperte Christoph Abeln. Es gibt noch drei weitere Tipps:
Ratschlag 1: Auf die Höhe der Entschädigung achten
Wollen Unternehmen den Wechsel zur Konkurrenz ausschließen, müssen sie dafür bezahlen – und zwar kräftig. Das Gesetz schreibt vor: Für den Zeitraum des Verbots muss eine Entschädigung von mindestens 50 Prozent des letzten Gehalts vereinbart sein.
Arbeitgeber, die hier nur das Grundgehalt berücksichtigen und Boni, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, aber auch den Dienstwagen bei der Berechnung nicht gelten lassen wollen, haben später nichts in der Hand, wenn sie einen fest angestellten Manager am Weiterziehen hindern wollen.
Wichtig: Bei Geschäftsführern und Vorständen mit befristeten Verträgen ist die Karenzentschädigung nicht zwingend vorgeschrieben.
Ratschlag 2: Auf die genaue Formulierung achten – und flexibel sein
Arbeitgeber müssen das Wettbewerbsverbot äußerst präzise formulieren und auch die Tätigkeit näher beschreiben, die nicht für die Konkurrenz ausgeübt werden darf. Generell gilt: Durch die Sperrklausel darf das berufliche Fortkommen eines Arbeitnehmers nicht zu stark erschwert werden.
Zwar kann zum Beispiel der Autohersteller BMW, wie tatsächlich geschehen, seinem Einkaufsvorstand Markus Duesmann verbieten, sofort zum direkten Konkurrenten wie Audi überzulaufen. Duesmann konnte erst mit 18-monatiger Verspätung im Frühjahr 2020 auf dem ihm angebotenen Chefsessel in Ingolstadt Platz nehmen.
Aber: den Technologiechef eines mittelständischen Autozulieferers daran zu hindern, bei einem Autohersteller der Dax-Liga anzuheuern – das geht nicht.
Unternehmen, die branchenübergreifend tätig sind, müssen besonders sorgfältig abwägen, wie weit sie ihre Sperrklauseln fassen. Bayer etwa ist sowohl ein Pharma- als auch ein Chemieunternehmen. Trotzdem kann der Dax-Konzern aus Leverkusen einem Know-how-Träger aus seiner Chemiesparte nicht den Wechsel zu einem Konkurrenten der Pharmabranche verbieten.
Der wohl bekannteste Fall ist der von Tina Müller. Die heutige Douglas-Chefin hatte sich beim Düsseldorfer Kosmetikkonzern Henkel bis zur Markenverantwortlichen des Beauty-Bereichs hochgearbeitet. 2012 dann wollte sich die Managerin von Beiersdorf abwerben lassen.
Doch das Arbeitsgericht bestätigte Müllers altem Arbeitgeber: Bis Sommer 2015 dürfe die damalige Henkel-Managerin nicht für die Konkurrenz arbeiten.
Nach langen Verhandlungen gab Müller klein bei. Und nahm stattdessen einen Vorstandsposten beim Automobilhersteller Opel an. Personalberater Kasten: „Wer nicht unfreiwillig zum Rosenzüchter avancieren will, muss sich flexibel zeigen und die Branche wechseln oder bereit sein, ins Ausland zu gehen.“
Ratschlag 3: Auf die Karenzentschädigung verzichten
Leitende Angestellte wie Markus Duesmann oder Tina Müller von der Konkurrenz fernzuhalten – das rechnet sich offenbar. Doch manchmal ändert sich im Laufe der Zeit das Interesse des Arbeitgebers am Wettbewerbsausschluss. Etwa weil ein ursprünglich wertvoller Mitarbeiter keine relevanten Informationen mehr über Kunden, Marktstrategien oder Produktionsverfahren hat.
In solchen Fällen kann der Arbeitgeber auf die Sperrklausel verzichten – allerdings nicht, ohne dem Mitarbeiter eine Entschädigung zu zahlen. Die Pflicht hierfür besteht ein Jahr lang ab Verzichtserklärung (bei einer kürzeren Laufzeit des vereinbarten Wettbewerbsverbots entsprechend bis zu dessen Ende).
Im realen Leben lässt sich vor so im Abfindungspoker oft einen Kompromiss schließen: Der Arbeitgeber verzichtet auf das Wettbewerbsverbot; der Angestellte auf die dafür fällige Karenzentschädigung – oder zumindest einen Teil davon. Dafür bekommt er die Chance, rasch zur Konkurrenz zu wechseln.