Selbstdarstellung: Wie Sie es schaffen, sich als „Marke“ zu präsentieren
In Krisen unabhängig sein durch Talent, Qualifikation und persönliche Interessen: Die richtige Positionierung und Sichtbarkeit stärkt das eigene Profil.
Guter Auftritt Sich authentisch in sozialen Medien darstellen: Da geht es nicht um Personenkult, sondern Marketing in eigener Sache. © Karriere Foto: Vladislav Klapin on Unsplash
Hallo, hier bin ich! Die Werbetrommel für sich selbst zu rühren, ist nicht jedermanns Sache. Die Buchautorin Tijen Onaran aber findet: Jeder sollte seine eigene Marke haben. Wer sich zum Beispiel auf Karrierewebseiten oder in sozialen Netzwerken sichtbar macht, sorgt für berufliche Krisensituationen vor.
Im Interview erklärt Onaran, warum eine starke Positionierung im Berufsleben wichtig ist – und warum sich diese Investition besonders in Krisenzeiten auszahlt.
Personal Branding ist ein bekanntes Thema. Warum finden Sie es so wichtig, dass Sie ein Buch dazu geschrieben haben?
Tijen Onaran: Personal Branding ist einfach für jeden und jede relevant. In Deutschland hat das Thema ein eher negatives Image, weil viele da gleich an Selfies und Donald Trump denken. Aber wenn man sich das Prinzip anschaut, dann geht es schlicht darum, sich zu positionieren. Und jeder sollte daran arbeiten, sich zu positionieren, denn sonst überlässt man es anderen.
Was bringt mir das beruflich?
Der größte Effekt einer Positionierung ist Glaubwürdigkeit. In dem Moment, wo ich meine eigenen Themen in die Hand nehme, kann ich das auch richtig gut. Dementsprechend bereitet mich diese Positionierung auf Fälle vor, wo ich sie brauchen werde, wie etwa Gehaltsverhandlungen.
Dann ist es nämlich besonders wichtig, dass andere Menschen mich wahrnehmen und wissen, welche Projekte ich in letzter Zeit erfolgreich abgeschlossen habe. Und diesen Effekt habe ich eher, wenn meine Ansprechpartner wissen, für welches Thema ich stehe.
Wenn ich eine starke eigene Marke habe: Geht dadurch nicht auch viel von meiner beruflichen Anpassungsfähigkeit verloren?
Sichtbarkeit bringt tatsächlich immer Kritik mit sich. Und Deutschland ist nicht unbedingt ein Land des Personenkultes. Stattdessen müssen die Leistung oder ein bestimmtes Thema im Vordergrund stehen. Inzwischen gilt aber eher: Menschen folgen Menschen.
Exponiertheit geht zwar mit Angreifbarkeit einher, aber das muss ich lernen auszuhalten. Eine konkrete Positionierung bedeutet immer, dass ich auch meinungsstark bin. Es wird immer jemanden geben, der anderer Meinung ist. Aber das braucht es auch, so dass ich meine eigene Position reflektieren und weiter dazulernen kann.
Gehen wir einen Schritt zurück: Wie finde ich überhaupt heraus, was mein Markenthema ist?
Dafür muss ich mir zunächst die Frage stellen: Welche Talente bringe ich mit? Talente sind angeboren, eine musische Begabung zum Beispiel. Danach überlege ich: Was sind Fähigkeiten, die ich mir im Beruf angeeignet habe? Etwa, ein Team zu führen oder gut zu organisieren.
Im letzten Schritt gilt es zu reflektieren, was meine persönlichen Interessen sind. Diese persönlichen Interessen muss ich nicht aktiv kommunizieren, aber sie haben durchaus eine Relevanz für meine Positionierung. Bin ich in meiner Freizeit ein kreativer Mensch, kann ich mein Gegenüber damit auch auf einer persönlichen Ebene abholen. Dadurch kann man sich schneller vernetzen.
Diese drei Aspekte machen dann den Markenkern aus. Wichtig ist: Das Thema muss nicht unbedingt fachlich sein. Das kann auch ein übergeordnetes Thema sein wie Vielfalt, Zusammenarbeit oder Digitalisierung.
Positionierung ist deshalb ein wunderbares Tool, um in Krisen unabhängig zu sein. Viele definieren sich über ihre Position. Sie sind etwa Leiter einer bestimmten Abteilung. Eine thematische Positionierung aber überdauert einzelne Jobs.
Warum muss sich ein Handwerker oder eine Lehrerin positionieren?
Das knüpft an das an, was ich gerade gesagt habe. Die Positionierung beugt der Krise vor. Ich kann auch als Lehrerin morgen meinen Job verlieren. Wenn ich dann nicht gut positioniert bin, dann wird es lange dauern, bis mich wieder jemand einstellt.
Auf Instagram zum Beispiel bekommen zurzeit viele Leute Aufmerksamkeit, die in der Pflege arbeiten. Das zeigt: Ich kann meine Sichtbarkeit auf einer solchen Plattform nutzen, um auf gesellschaftspolitische Themen aufmerksam machen. Gerade in Corona-Zeiten oder in einer kritischen Branche kann ich mit einer starken Positionierung dafür sorgen, dass nicht über mich gesprochen wird, sondern ich selbst mitsprechen kann und Teil der Debatte bin.
Imagepflege findet viel in sozialen Netzwerken statt: Was würden Sie älteren Menschen raten, für die das eher ungewohnt ist? Ist eine Positionierung für sie überhaupt noch wichtig?
Zunächst gilt: Personal Branding ist definitiv zu jedem Zeitpunkt einer Karriere relevant. Denn Sichtbarkeit ist ein gutes Tool, um sich mit anderen zu vernetzen und am Wissen von anderen partizipieren. Das funktioniert auch außerhalb der klassischen sozialen Netzwerke.
Viele Unternehmen haben inzwischen zum Beispiel Botschafter, um über eigene Kanäle Inhalte nach außen zu tragen. Das ist für jede Altersgruppe relevant. Den Austausch untereinander und über Abteilungen hinweg kann jeder als Möglichkeit sehen, weiter zu lernen und sich immer wieder selbst neu herauszufordern.
Welche Möglichkeiten habe ich konkret, meine Positionierung online wie auch offline rüberzubringen?
Als erstes sollte ich mir überlegen: Wer sind in meiner Branche die Menschen, die Entscheidungen treffen? Wer besetzt Positionen? Mit diesen Menschen kann ich Kontakt aufnehmen. Das kann zum Beispiel eine E-Mail sein. Da muss man keine Scheu haben, mit der Tür ins Haus zu fallen.
Ich sollte in meiner E-Mail aber aufzeigen, dass ich beispielsweise in einem bestimmten Bereich Expertise habe – dann kann ich darauf aufbauen und um Austausch bitten oder um Rat. Dann haben diese Personen mich bereits erlebt und meine Leistung gesehen. Das kann mir natürlich später Vorteile bringen.
Online ist das noch viel einfacher. Viele Menschen nutzen die digitalen Kanäle, um vernetzt zu bleiben. Ich kann überlegen, welche Kanäle für mich entscheidend sind. Bin ich international unterwegs, dann wähle ich etwa Linkedin. Wenn das, was ich tue, eher visuell ist, nutze ich Instagram.
Es ist also entscheidend, sein Ziel und seine Zielgruppe zu kennen. Nur wenn ich weiß, wer das ist, kann ich auch Kontakt suchen. Ich würde raten, sich zu überlegen: Wer sind die drei Menschen, die mich kennen sollten, die wissen sollten, was meine Talente sind, in welchen Themen ich stark bin und in welchen vielleicht auch nicht?
Das klingt, als würde es viel Zeit kosten. Lohnt es sich wirklich, das neben einem anstrengenden Joballtag zu verfolgen?
Ich kann nur betonen: Sichtbarkeit ist die beste Investition in die berufliche Karriere. Es wird der Moment kommen, an dem ich darauf angewiesen sein werde, dass Menschen wissen, ob und wie ich meinen Job gut mache.
Es geht nicht um Sichtbarkeit um der Sichtbarkeit willen. Und natürlich bedeutet das auch, Zeit zu investieren. Wir nehmen uns in der Regel sehr wenig Zeit, unsere persönliche Entwicklung voranzutreiben. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Zeit für dieses Thema einräumen.