Mein Karrierecoach: Ist ein 50-Jähriger, der immer beim selben Unternehmen war, für Personaler ein Problem?
Wer einen Arbeitgeber findet, der zu den eigenen Stärken passt, hat bei dieser Frage schon halb gewonnen.
Karrierecoach Slaghuis Mein Karrierecoach: In dieser Rubrik stellen Leser ihre Karrierefrage – die Antwort hat diesmal Bernd Slaghuis geliefert. © Karriere Foto: PR/karriere.de (M)
Ralph O. fragt den Karrierecoach:
Ich bin fünfzig Jahre alt, ungekündigt und mein ganzes Berufsleben bei der gleichen Firma beschäftigt gewesen. Als Wirtschaftsingenieur habe ich bei meinem Arbeitgeber mehr als 20 Jahre IT-Erfahrung in verschiedensten Positionen gesammelt und verantworte heute die IT-Sicherheit.
Derzeit überlege ich, eine neue Stelle anzutreten, bin mir aber nicht ganz sicher, welche Sorgen und Befürchtungen Personalentscheider haben, wenn Sie einen Lebenslauf mit nur einem Arbeitgeber sehen. Wie sollte ich das Thema in Anschreiben und Gesprächen angehen?
Bernd Slaghuis antwortet:
Lieber Herr O., erstmal: Toll, dass Sie Ihrem Arbeitgeber so lange treu geblieben sind und Glückwunsch, was Sie in dieser Zeit im Unternehmen aufbauen konnten!
Ihre Bedenken sind typisch für Jobwechsler, die sich mit Mitte 40 bis Anfang 50 noch einmal neu orientieren möchten. Ja, sicherlich gibt es Personaler, die Stellen ausschreiben und den jungen Hüpfer als idealen Bewerber vor Augen haben oder der Meinung sind, Über-50-Jährige seien heute nicht mehr flexibel genug und digital von Gestern.
Doch wer so denkt, wird mit Sicherheit kein Arbeitgeber sein, bei dem Sie sich in den nächsten Jahren wohlfühlen und eine erfüllende, neue berufliche Heimat finden.
Mein Rat: Gehen Sie bei Ihrer Jobsuche in drei Schritten vor.
Schritt 1: Eigene Stärken und Berufserfahrung wertschätzen
Schaffen Sie für sich Klarheit, was konkret Ihr Fach- und Erfahrungswissen aus so vielen Jahren im Beruf ausmacht und worin Ihre Stärken sowie persönlichen Talente liegen. Viele Jobwechsler in Ihrem Alter sind sich nicht darüber bewusst, über welchen wertvollen Schatz sie verfügen.
Können Sie vielleicht gut mit anderen Menschen, sind Sie mehr der strategische Denker oder fällt es Ihnen leicht, den Alltag zu organisieren oder Projekte zu leiten? Überlegen Sie sich, was genau Sie alles von einem 22-jährigen Bachelor-Absolventen frisch von der Uni unterscheidet. Was können und wissen Sie mehr?
Schritt 2: Passende Arbeitgeber finden
Suchen Sie gezielt nach Stellen, in denen diese Berufserfahrungen und Stärken nicht nur idealerweise erwünscht sind, sondern einen echten Wert für einen Arbeitgeber besitzen und für Ihren Erfolg in dieser Position entscheidend sind. Positionen, in denen etwa Ihre Führungserfahrung oder die Arbeit mit Auszubildenden nützlich ist oder Ihr Wissen über Informationssicherheit in der IT Sie zum Experten macht.
Auch solche Stellen könnten gut passen, bei denen Ihre Seniorität von Vorteil ist, wenn es etwa um professionelle Beratung, gute Kundenbeziehungen oder Positionen auf internen Schnittstellen geht. Diese Ausschreibungen werden Sie nicht zuhauf finden, doch die gezielte Stellensuche ist wichtiger als die Masse an Bewerbungen, die Sie verschicken.
Schritt 3: Haltung zeigen und rüberbringen
Schaffen Sie neben einem aussagekräftigen Lebenslauf mit einem ehrlichen Anschreiben Klarheit, was Ihre echte Motivation für den Jobwechsel ist, was konkret Ihnen in den nächsten Jahren im Beruf wichtig ist, was Ihre Ziele sind und was Sie als „alter Hase“ im Geschäft an wertvollen Erfahrungen und Kompetenzen mitbringen.
Mit Ihren Erfahrungen können Sie punkten, doch entscheidend wird Ihre eigene Haltung sein: Wenn Sie Ihre langjährige Betriebszugehörigkeit sowie Ihr Alter nicht selbst zum Problemfall erklären und sich nicht aus Verzweiflung auf Stellen für Berufseinsteiger bewerben, dann bin ich mir sicher, wird es für Recruiter ebenfalls kein Thema sein und Sie werden eine neue Aufgabe bei einem Arbeitgeber finden, die zu Ihnen passt.
Von diesem Karrierecoach kam diesmal die Antwort
Bernd Slaghuis arbeitet als Karriere- und Businesscoach in Köln mit Fokus auf berufliche Neuorientierung, Bewerbung und Führung. Als Ökonom und ehemalige Führungskraft kommt Slaghuis aus der Praxis. Sein Blog „Perspektivwechsel“ zählt zu einem der meistgelesenen Karriere-Blogs in Deutschland. Das Karrierenetzwerk Xing hat Slaghuis 2019 als „Top Mind“ ausgezeichnet.
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