Krisenmanagement: So denken Mitarbeiter über ihre Chefs
Für Führungskräfte ist die Coronakrise eine besondere Herausforderung, die ihnen mehr Empathie abverlangt als gewohnt. Gerade diese Leistung kommt in den Teams gut an.
Atmosphäre trotz Distanz I Führungskräfte geben Struktur in Krisenzeiten – und stärken die Stimmung im Homeoffice.
Chefs sind auch nur Menschen. Schon im normalen Arbeitsalltag stehen die meisten unter starkem Druck. In der Coronakrise allerdings mussten sie schnell Struktur in ungewohnte Arbeitssituationen bringen – und dabei auch eigene Ängste überwinden. Das scheint ihnen in der Mehrzahl gut gelungen zu sein, wie eine Umfrage der Online-Jobplattform unter mehr als 1000 Führungskräfte sowie 6000 Arbeitnehmer ohne Personalverantwortung in Deutschland ergeben hat.
Die meisten Vorgesetzten beweisen, dass sie Führung verinnerlicht haben und gehen mit gutem Beispiel voran. Denn zwei Drittel schätzen ihre Tätigkeit derzeit als wichtiger denn je ein.
Sie machen sich Sorgen um den Zustand der Wirtschaft – und genau deshalb fokussieren sie sich auf ihren Job: Sie sind engagiert (83 Prozent) und ihnen gelingt es, produktiv zu sein (71 Prozent). Ihre aktuelle Stimmung bezeichnen rund drei Viertel der Führungskräfte eher als fröhlich denn traurig.
Müde Häuptlinge: Chefs unter immensem Druck
Doch die Stimmung befindet sich gerade im Umschwung. Der Ausnahmezustand beginnt mehr und mehr, seine Spuren zu hinterlassen: Gut jede zweite Führungskraft sagt, inzwischen deutlich besorgter zu sein als noch in den ersten Krisenwochen im März.
Auch Erschöpfung macht sich breit: Die Hälfte der Manager fühlt sich mittlerweile müder. Und 42 Prozent gaben an, noch gestresster zu sein als vor Corona. Die Gründe liegen auf der Hand: Etwa jede zweite Führungskraft arbeitet aktuell mehr als vor Corona und macht seltener Pausen.
Fernüberwachung: Kontrolleure und Psychologen in Personalunion
Hinzu kommt die Pendelei: Führungskräfte fahren im Vergleich zu Beschäftigten ohne Personalverantwortung besonders oft noch ins Büro, obwohl sie von zu Hause arbeiten könnten. „Die Krise ringt Führungskräften alles ab. Sie sind nicht nur im besonderen Maße gefordert, diese Zeit wirtschaftlich gut zu überstehen. Sie müssen den Mitarbeitern gleichzeitig Ängste nehmen und eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit aus der Ferne organisieren“, sagt Stepstone-Studienleiterin Anastasia Hermann.
Individuelle Betreuung: Großes Lob für verständnisvolle Chefs
Für ihr gelungenes Krisenmanagement erhalten die Vorgesetzten gute Noten. Zwei Drittel der Angestellten sagen, dass ihre Führungskraft die Krise „bestmöglich“ meistere. Und fast ebenso viele fühlen sich in der vom Chef neu geschaffenen Struktur für den Arbeitsalltag gut aufgehoben.
Auch die Atmosphäre scheint bei den meisten zu stimmen. Die Bedeutung einer positiven Grundstimmung haben offensichtlich die meisten Unternehmen erkannt – und ihre Führungskräfte sorgen dafür, auf die gute Stimmung zu achten. Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer attestiert seinem Vorgesetzten, besonderen Wert auf ein gutes Arbeitsklima und auf die Gemütslage der Mitarbeiter zu legen.
Großes Verständnis für ihre besondere Lage erhalten zurzeit Mitarbeiter mit Kindern: 82 Prozent gaben an, dass ihr Vorgesetzter darauf Rücksicht nehme.
Krise als Katalysator: Wohlbefinden dank kreativer Lösungen
„Viele Manager stellen gerade fest, dass direktive Führung und Kontrolle an ihre Grenzen kommen und öffnen sich für kooperativere Führungsmethoden“, schlussfolgert Stepstone-Expertin Hermann. „Diese Erfahrung wird auch die Zeit nach der Krise prägen.“
In der aktuelle Situation sieht sie nicht nur einen Beschleuniger der Digitalisierung, sondern auch für New Leadership. „Führungskräfte versuchen zunehmend das, was von Fachkräften schon lange gewünscht wurde: Chefs zeigen Empathie für ihre Mitarbeiter und deren individuelle Lebenssituation und sind offen für kreative Lösungen.“
Sie erwartet daher für die Nach-Corona-Phase einen großen Motivations- und Produktivitätsschub – „wenn diese Haltung zum Normalzustand wird“.