Führungskräfte-Nachwuchs: Karriere-Ambition der Beschäftigten sinkt in der Coronakrise
Vor allem Männer sind weniger zuversichtlich, in ihrer Laufbahn ins Management aufzusteigen.
Begrenzte Begeisterung Das Interesse an einer Führungsposition sinkt: Mitarbeiter fühlen sich nicht ausreichend in ihrer Karriere unterstützt. © Karriere Foto: Carlos Arthur on Unsplash
Der Frust der Coronakrise weitet sich aus: Der große Fokus der vergangenen Monate auf Remote Work hinterlässt tiefe Spuren bei den Mitarbeitern in Deutschland. Nur noch ein Viertel der Beschäftigten fühlt sich von seinem beruflichen Umfeld in den Karriereplänen unterstützt.
Gleichzeitig ist der Wunsch, im Laufe der beruflichen Karriere eine Führungsposition zu übernehmen, stark zurückgegangen: Gerade einmal 30,6 Prozent der Beschäftigten geben an, diesen Wunsch zu hegen. Vor einem Jahr waren es noch 37,2 Prozent und im Februar 2020 immerhin 35 Prozent. Das sind wichtige Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage der Initiative Chefsache unter rund 5.000 Berufstätigen und Studierenden in Deutschland.
Vor allem Frauen fühlen sich im Nachteil: Sie haben noch weniger den Eindruck, bei ihren Ambitionen gefördert zu werden: Gegenüber dem Vorjahr, in dem sich 30 Prozent über den Zuspruch im Unternehmen freuten, sind es in diesem Jahr sogar rund sieben Prozentpunkte weniger.
Ihre Zuversicht, im Laufe ihrer Beschäftigung mindestens eine Führungsposition zu übernehmen, ist jedoch weitgehend stabil geblieben. Im Gegensatz zu den Männern: Ihre Erwartung sank innerhalb eines Jahres von 46,1 auf 39,6 Prozent. Insgesamt ergibt sich daraus folgendes Bild: Waren vor einem Jahr noch 40,5 Prozent der deutschen Beschäftigten voller Zuversicht auf einen Aufstieg, sind es heute nur noch 37,0 Prozent.
Flexibilisierung der Arbeit nimmt zu
Das Ergebnis erstaunt die Experten: Denn in den Unternehmen habe sich durch die Corona-Pandemie viel hinsichtlich der Flexibilisierung von Arbeit verändert. Sagten im Februar 2020 noch 46,2 Prozent der Männer und 41,9 Prozent der Frauen, dass ihr Arbeitgeber es gut möglich mache, zeitlich und räumlich flexibel zu arbeiten, stieg die Zustimmung jetzt leicht auf 48,7 Prozent der Männer und 43,2 Prozent der Frauen.
„Auch wenn in diesem Jahr durch flexible Arbeitsformen viel möglich geworden ist: Remote Work benötigt auch Remote Leadership“, schlussfolgert Martin Seiler, Vorstand Personal und Recht der Deutschen Bahn und Mitglied der Initiative Chefsache. Gerade in unsicheren Zeiten müsse der Wunsch nach einer wertschätzenden Unternehmenskultur, einem regelmäßigen Austausch und individueller Förderung besonders berücksichtigt werden.
Die Empfehlung Seilers geht aber noch darüber hinaus: Denn es komme nicht nur vorrangig auf Prozesse und Formate an, „sondern vor allem auf Kommunikation auf Augenhöhe, Empathie sowie eine bedarfsorientierte Gestaltung der gesamten Arbeitswelt. Nur so kommen wir echter Chancengerechtigkeit näher.“
„Wir erleben gerade den Wandel in Echtzeit. Wie wir in den Unternehmen diesen Prozessen fair und digital gerecht werden können, welche Best Practices für Chancengerechtigkeit es schon jetzt gibt und wie wir gemeinsam voranschreiten, das wird die Initiative Chefsache nach draußen tragen“, ergänzt Julia Sperling, McKinsey-Partnerin und Koordinatorin der Initiative Chefsache.
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