2020 effektiver konferieren: 15 Tipps für bessere Meetings
Top-Manager verbringen drei Viertel ihrer Arbeitszeit in Besprechungen – doch das muss nicht sein.
Schwierige Meetingkultur Ohne Meetings läuft der Laden nicht. Aber sie müssen gut organisiert sein. Photo by rawpixel on Unsplash
Notorische Zuspätkommer. Dutzende Teilnehmer, die demonstrativ auf ihrem Handy herumdaddeln. Und Führungskräfte, die keinen Schimmer haben, was genau sie eigentlich beschließen wollen. In vielen Konferenzräumen in Deutschland laufen Meetings genauso ab. „Für die einen sind Besprechungen ein Störfaktor“, sagt der Wuppertaler Management-Berater Gunther Wolf, „für die anderen eine willkommene Gelegenheit, um abschalten zu können.“
Nur eins scheinen die Treffen für die wenigsten zu sein: sinnvoll investierte Arbeitszeit.
Statistisch gesehen verbringen Top-Manager fast drei Viertel ihrer Arbeitszeit in Besprechungen, wie eine Harvard-Studie zeigt. Danach kam jeder CEO auf 37 Meetings pro Woche. Und jedes dritte davon dauerte länger als eine Stunde.
Die Zahlen sind insofern alarmierend, als dass Führungskräfte ihre knapp bemessene Zeit oft in Konferenzräumen vergeuden. Fast 70 Prozent der Befragten klagten, dass sie wegen der vielen Meetings kaum mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben übrig hatten.
Meetings für Anfänger: Das sind die fünf Grundregeln
Auch wenn schon die Einladung zu Meetings bei Angestellten oft berechtigtes Stirnrunzeln verursacht: Teams müssen sich besprechen, Aufgaben verteilen und Vorgehensweisen klären, um die Firma voranzubringen. Entscheidend ist deshalb, Besprechungen nicht als Hindernis, sondern als Arbeitszeit zu begreifen.
Und schon mit einfachen Tricks wird aus einem zähen Meeting eine effiziente Besprechung:
- Die Agenda im Vorfeld verschicken, damit sich die Teilnehmer vorbereiten können.
- Das Zeitbudget für jeden Tagesordnungspunkt festlegen und strikt einhalten, um die Redezeit von Quasselstrippen zu begrenzen.
- To-Dos einzelner Teilnehmer in Protokollen festhalten, und diese – direkt nach Sitzungsende – an alle verschicken.
- Nur die wichtigsten Entscheider einladen.
- Und: pünktlich anfangen! Das bedeutet im Übrigen auch, sich nicht erst zu Sitzungsbeginn an der Kaffeemaschine anzustellen.
Diese Grundregeln mögen trivial klingen – und doch scheinen sie bei den meisten Arbeitstreffen gebrochen zu werden. Ist damit erstmal die Meeting-Disziplin etabliert, dienen die folgenden 15 Praxistipps zur weiteren Inspiration.
Tipp 1: Kosten-Transparenz
Ein ernüchterndes Hilfsmittel, um aufzuzeigen, wie rasch die Kosten mit jeder verplemperten Meeting-Minute in die Höhe schnellen, sind Besprechungsuhren. Die Apps mit Namen wie Meetime, Abacus oder Meeting Fee zeigen in Echtzeit, wie viel eine Besprechung kostet.
Dazu müssen Anwender zu Beginn des Treffens die Zahl der Teilnehmer und deren Stundensatz oder Jahresgehalt anonym in die App eingeben. Der Timer startet – und läuft und läuft und läuft…
Tipp 2: Entscheidung oder Diskussion
Vor jedem Meeting stellt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg eine wichtige Frage: „Discussion or Decision?“ So weiß jeder im Raum, was am Ende erwartet wird. Der Management-Berater Bernd Steffens aus Mönchengladbach rät seinen Klienten, sogar für jeden Tagesordnungspunkt ein klares Ziel zu formulieren. „Das muss in der Agenda ersichtlich sein, damit alle zielgerichtet arbeiten können.“
Tipp 3: Meeting vor dem Lunch
Für Amazon-Chef Jeff Bezos sind die ersten Arbeitsstunden eines Tages die entscheidenden. „Alles, was meine volle mentale Aufmerksamkeit braucht, lege ich auf einen 10-Uhr-Termin“, sagt er.
Je später am Tag es werde, umso schwerer falle es ihm, über Wichtiges nachzudenken. Und wenn etwas liegen bleibt? „Versuchen wir, es am nächsten Tag um 10 Uhr noch einmal anzupacken.“
Tipp 4: Walk the Talk
Raus aus dem Büro, rein in die Natur: Meetings im Laufen sorgen nicht nur für frische Luft um die Nase, sondern bringen auch einen Perspektivwechsel. So nutzt etwa Telekom-Chef Timotheus Höttges das Geh-Meeting, um sich auf wichtige Reden vorzubereiten. Meistens geht’s mit seinem Kommunikationschef und Redenschreiber durch die Bonner Rheinauen.
Tipp 5: Ausschluss von Desinteressierten
Wie konsequent er ist, zeigt Tesla-Gründer Elon Musk auch in Meetings. So soll er in einer Besprechung schon mal einen Teilnehmer rausgeschmissen haben, weil dieser noch nichts gesagt hatte.
„Es ist nicht unhöflich zu gehen. Es ist unhöflich, jemanden am Gehen zu hindern und seine Zeit zu verschwenden“, schreibt Musk in einer Rundmail.
Eine weniger strenge und sozial verträglichere Adaption der Musk-Methode schlägt Henning Böhne vor, Managing Director bei der Personalberatung Kienbaum: Vorab in der Tagesordnung festlegen, wer bei welchen Themen dabei sein muss.
Tipp 6: Die Zwei-Pizzen-Regel
Zwei Pizzen – die müssen für ein Meeting ausreichen. Was nach einem Diätspleen des Chefs klingt, soll in Wahrheit die Mitarbeiter davor bewahren, grundlos an einem Meeting teilzunehmen. Das heißt: Mehr Pizzen würden bedeuten, dass zu viele Entscheider involviert sind.
Und wenn die Pizzen aufgegessen sind? Meeting beenden!
Tipp 7: Individuelle Treffen
Selbst kleine Gruppen sind manchmal noch zu groß. Deshalb trifft sich der Chef des amerikanischen Empfehlungsportals Yelp, Jeremy Stoppelman, jede Woche mit seinem engsten Führungsstab in Einzel-Meetings. Auch wenn das in der Summe zu mehr Treffen führt, sind die direkten Gespräche oft effizienter.
Gerade Konflikte lassen sich so besser entschärfen als in Gruppentreffen.
Tipp 8: Kennzahlen-Bewertung
Angelehnt an den ROI – den „Return on Investment“ – wird beim Versandhändler Otto für bestimmte Konzern-Meetings der ROTI ermittelt, der „Return on Time Invested“.
Mit der Methode wird das Treffen auf einer Skala von eins (schlecht) bis fünf (hervorragend) direkt im Anschluss bewertet. „Die direkte Rückmeldung trägt dazu bei, bewusster mit Meeting-Zeit umzugehen“, sagt Kristine Kiwitt, Agile Coach bei der Otto Group.
Tipp 9: Pausen für E-Mails
E-Mails gelten als Hauptablenkungsquelle in Meetings. Warum nicht offensiv mit dem Störenfried umgehen und extra Freiräume dafür schaffen? So macht es Ulrike Wieduwilt, Deutschland-Chefin von Russell Reynolds: Einfach zu Beginn feste Pausen für die Bearbeitung wichtiger Mails kommunizieren. Das trägt allen Bedürfnissen Rechnung.
Tipp 10: Raus aus der Komfortzone
Flugzeug-Hangar statt bequemer Ledersessel – Führungskräfte sollten den Konferenztisch gegen ungewöhnliche Orte eintauschen, rät die Hamburger Management-Beraterin Birte Püttjer-Stoppok. Wem das zu aufwändig ist: Den Konferenzraum mit Sitzsäcken, Hängematten, Stehpulten oder Bewegungszonen umgestalten. So können die Teilnehmer sitzend, liegend, stehend oder im Gehen konferieren – je nachdem, wie sie sich am besten konzentrieren können.
Tipp 11: Lehrreiche Retrospektiven
In Meetings aus der Vergangenheit lernen – das machen Tech-Firmen im Silicon Valley. Das Ziel dieser „Retrospectives“: Herausfinden, wie das Unternehmen in seinen Projekten besser vorwärtskommt. Im wöchentlichen Turnus stehen drei Fragen im Fokus: Was ist gut gelaufen? Was hätte besser laufen können? Wo sollten wir den Einsatz verdoppeln, um uns zu verbessern?
Am Ende muss jeder Teilnehmer mit einer Aufgabe das Meeting verlassen.
Tipp 12: Memo statt Präsentation
Unzählige und überladene Präsentationsfolien sind der Graus jeder Sitzung. Nicht so bei Amazon: Chef Bezos hat die Slides verbannt und setzt auf „Narrative Memos“. In den sechsseitigen Papieren müssen die Angestellten ihre Ideen notieren. Bevor die Meeting-Teilnehmer über die Vorschläge diskutieren, hat jeder eine halbe Stunde Zeit, das Memo im Stillen zu lesen.
Aus Sicht von Bezos hat das zwei Vorteile: Die Verfasser müssen ihre Idee komplett durchdringen, um es in der Kürze dazustellen. Und die Entscheidungsträger haben einen schnellen Überblick über verschiedene Initiativen.
Tipp 13: Steve Jobs’ DRI
„Viele Meeting-Teilnehmer kommen einfach nur, um das Meeting über sich ergehen zu lassen“, beobachtet Berater Steffens. „Für ein effizientes Meeting ist das eine katastrophale Haltung.“ Abhilfe schafft eine Methode, die schon der frühere Apple-Chef Steve Jobs eingeführt hat. Bei Apple stehen hinter jedem Tagesordnungspunkt DRIs: Die „Direct Responsible Individuals“ sind für einzelne Aufgaben allein verantwortlich.
Denn wenn ein einzelner Mitarbeiter und kein Team für ein Projekt steht, nimmt er seine Sache ernster und kann die Verantwortung nicht einfach abschieben.
Tipp 14: Kein „Verschiedenes“ auf der Agenda
Das Nervigste im Meeting kommt zum Schluss: Verschiedenes. Hier wird viel gesprochen, aber wenig gelöst. Kienbaum-Experte Böhne rät deshalb, diesen Tagesordnungspunkt komplett zu streichen. In einer Feedback-Runde sollte stattdessen die Meeting-Kultur mit zwei Fragen systematisch verbessert werden: Was war gut an diesem Meeting? Und: Was sollte beim nächsten Mal besser werden?
„Das erhöht die Qualität der Sitzungen und schafft die nötige Disziplin für wirksame Meetings“, sagt Böhne.
Tipp 15: Meeting-Diät
Analog zum Abnehm-Vorsatz sollten Manager auch über eine Meeting-Fastenkur nachdenken. Ab und zu darf es sogar eine Nulldiät sein. „Wenn Sie zu einem Termin nicht viel Produktives beitragen können, sollten sie besser auf das Protokoll warten“, rät Russell-Reynolds-Berater Robert Kämper. Um reine Informationen weiterzugeben, reicht auch eine E-Mail ans Team.
Nur: Diese bitte nicht im Meeting schreiben!