Diversity-Studie: Vielfalt im Unternehmen hilft auch in der Coronakrise
Wer seinen Mitarbeitern in ihrer Gesamtpersönlichkeit mehr Spielraum gibt, kann ihr Potenzial besser nutzen und kommt schneller zum Erfolg, zeigt eine Studie der Initiative Charta der Vielfalt.
Die Bedeutung von Diversity in der Arbeitswelt nimmt zu: Zwei Drittel aller Unternehmen in Deutschland sehen mit Diversity-Management konkrete Vorteile verbunden. Trotzdem tun sie sich noch schwer damit, auf unterschiedliche Charaktere und Lebensentwürfe ihrer Bewerber*innen und Mitarbeiter*innen im Arbeitsumfeld einzugehen.
Das zeigt eine heute veröffentlichte Studie der Arbeitgebendeninitiative Charta der Vielfalt, die dafür eintritt, Diversity Management fest in Unternehmen und Institutionen zu verankern. Für die Studie wurden deutschlandweit 580 Führungskräfte und Personalmanager*innen zum Diversity Management befragt.
„Unsere Studie zeigt, dass die fortschrittlichen Unternehmen in den letzten Jahren eine Vielzahl von Aktivitäten gestartet haben, um ihre Produktivität und Innovationskraft durch ein wertschätzendes Arbeitsumfeld zu erhöhen“, erklärte Ana-Cristina Grohnert, Vorstandsvorsitzende von Charta der Vielfalt. So hätten auch diejenigen Unternehmen, die sich schon länger und umfangreicher mit Diversity Management beschäftigten, flexibler auf die Corona-Pandemie reagieren können, so Grohnert.
Ohne Diversity Management bestehe für Unternehmen hingegen die Gefahr, „schnell den Anschluss zu verlieren“.
Vor allem Flexibilität und Offenheit sind Erfolgsfaktoren, mit deren Hilfe Unternehmen auf Veränderungsdruck durch gesellschaftlichen Wandel und globale Trends reagieren. Dazu gehört auch, Diskriminierung im Unternehmen zu vermeiden und unbewusste Vorurteile zu vermeiden. So wollen die Unternehmen den Beschäftigten eine bessere Entfaltung ihrer Fähigkeiten ermöglichen und damit ihren wirtschaftlichen Erfolg sichern. Weitere Vorteile sind:
So funktioniert die Verbesserung der Vielfalt
Unternehmen mit einem hohen Engagement in Sachen Diversity setzen unter anderem deutlich stärker auf mobiles Arbeiten als andere Firmen. Außerdem ist die flexible Gestaltung von Arbeitszeiten in persönlichen Ausnahmesituationen ein großes Thema. Dazu gehören Erkrankungen in der Familie, die generelle Flexibilisierung von Arbeitszeiten für Beschäftigte sowie die Berücksichtigung von Vielfalts-Kriterien bei der Personalauswahl.
Gut ein Drittel der Unternehmen setzt auf spezielle Diversity-Workshops zur Vermittlung von Führungsfähigkeiten in gemischten Teams. Ebensowichtig scheint die Verankerung von Diversity in der Unternehmensstrategie sowie im HR-Bereich: Bei der Auswahl von Bewerber*innen sollen Diversity-Kriterien stärker ins Auge gefasst werden. Zudem planen viele Maßnahmen in der Personalentwicklung, etwa durch eine größere Transparenz in Beförderungsprozessen.
Insgesamt ist es eine größere Bandbreite an Maßnahmen, die die rund 3700 Unternehmen, die sich in der Charta der Vielfalt-Initiative zusammengeschlossen haben, von anderen unterscheidet:
- Sie setzen mehr als dreimal so oft auf die Förderung von Beschäftigten-Netzwerken zum Beispiel von Frauen oder Homosexuellen-Gruppen, um Benachteiligung abzubauen.
- Mehr als ein Drittel betreibt spezifische betriebliche Sozialeinrichtungen wie Kinderbetreuung oder Andachtsräume.
- Fast 40 Prozent verfügen über eine/n Diversity-Beauftragte/n oder eine ganze Diversity-Abteilung.
Probleme bei der Umsetzung von Diversity
Als problematisch erweist sich für einen größeren Teil der Führungskräfte und Personalverantwortlichen der Umgang mit der sexuellen Orientierung von Beschäftigten oder der Religion. So stimmen bei durchschnittlichen Unternehmen knapp zwei Drittel der Aussage zu, Religion habe am Arbeitsplatz nichts verloren. Ebenso viele halten die sexuelle Orientierung für eine reine Privatangelegenheit.
Darin sieht Aletta von Hardenberg, Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt, vor allem eine Unsicherheit im Umgang mit diesen ursprünglich stark tabuisierten Themen. Sie ist überzeugt: „Wer am Eingang zum Betrieb einen Teil seiner Persönlichkeit abgeben muss, wird niemals funkensprühende Ideen produzieren können.“
Unternehmen müssten verstehen, dass sie den ganzen Menschen als Arbeitskraft mit all seinen Persönlichkeitsmerkmalen bekommen.
Eine besondere Herausforderung stellt nach Ergebnissen der Studie die soziale Herkunft von Beschäftigten dar. So konnte etwa die Hälfte der befragten Führungskräfte bestätigen, dass sie schon einmal Benachteiligung im Unternehmen aufgrund der sozialen Herkunft beobachten konnten.
Die häufigste Form der Benachteiligung liegt dabei in der Ausgrenzung durch Kommunikation, gefolgt von der Benachteiligung in Bewerbungsverfahren oder einer Geringschätzung der Leistungsfähigkeit.
Aussichten für die weitere Verbreitung von Diversity-Maßnahmen
Knapp zwei Drittel der Unternehmen, die bereits stark den Diversity-Gedanken in ihrem Unternehmen leben, sind der Überzeugung, dass die Relevanz künftig stark zunehmen wird. Aus diesem Grund setzen rund 80 Prozent weitere Diversity-Maßnahmen in ihrem Unternehmen um oder haben diese zumindest geplant, wie sie in der Studie angaben.
Aber auch die Firmen, die die Charta der Vielfalt nicht unterzeichnet haben, sehen Potenzial: Über die Hälfte ist mehr oder weniger überzeugt, dass Diversity als Ansatz in der strategischen Führung von Unternehmen künftig an Relevanz gewinnen wird.
„Deutschlands Unternehmen sehen klar die Verbindung zwischen Diversity und den Zukunftstrends wie Globalisierung, Demografischer Wandel und Fachkräftesicherung“, sagt Ana-Cristina Grohnert, Vorstandsvorsitzende von Charta der Vielfalt. Ihre Zuversicht rührt aus der Erkenntnis, dass die Unternehmen erkannt hätten, „dass nur das umfassende Miteinander alle weiterbringt“.
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