Jobangebote: Welche Unternehmen mit genderfreundlichen Stellenanzeigen punkten
Noch leben Klischees, aber Unternehmen bemühen sich darum, Bewerberinnen und Bewerber genderfreundlich in ihren Jobanzeigen anzusprechen.
Wo ist der Unterschied? Jobanzeigen: Qualifikation zählt bei der Stellenbesetzung – nicht Alter, Geschlecht, Herkunft. © Karriere Foto: Dainis Graveris on Unsplash
In der englischen Sprachen ist Genderfreundlichkeit viel einfacher als im Deutschen: Konzerne wie Adidas, Covestro, Daimler, Delivery Hero, Henkel, Infineon oder Merck nutzen dies für ihre Stellenanzeigen. Die „doppelte“ Ausschreibung an „Sie“ oder „Ihn“ entfällt – und die ausgeschriebenen Jobs wirken darüber hinaus auch international.
Doch Gleichberechtigung ist noch lange nicht Usus in den Jobbeschreibungen, obwohl sich Unternehmen immer mehr bemühen, ihre Stellenanzeigen genderfreundlich zu formulieren.
Das entspricht nicht nur dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, sondern ist auch seit dem 1. Januar 2019 Pflicht. Doch noch längst gelingt es nicht allen Firmen, für sämtliche Jobs die Klischees aus den Köpfen zu verbannen: Geht es um Ingenieure oder ITler, werden oft Männer im Bild gezeigt. Da nützt es auch nichts, wenn hinter der oft männlich formulierten Jobbeschreibung das geforderte „m/w/d“ für männlich/weiblich/divers steht.
Zwei Analysen haben sich jetzt des Genderproblems in Stellenanzeigen angenommen: So betrachteten die Experten der Metasuchmaschine Adzuna rund 600.000 Stellenanzeigen genauer. Und die Berliner PR- und Brand-Storytelling-Agentur Mashup Communications fand auf den Karriere-Webseiten der Dax-30-Unternehmen 1854 Personen, die via Foto für die Arbeitswelt der Konzerne sprechen. Auch karriere.de hat sich auf deren Karriereportalen umgesehen und im Quickcheck die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
Branchen, in denen die „Männerherrschaft“ abnimmt
Und wie lautet das Ergebnis? Handel, Finanzwesen und Logistik haben schwer aufgeholt, was die genderfreundliche Ansprache in Stellenanzeigen betrifft. Immerhin. Denn dass diese drei Branchen einen vergleichsweise hohen Anteil an genderfreundlichen Anzeigen aufweisen, begründen die Experten von Adzuna damit, dass Berufe in diesen Branchen historisch betrachtet eher Männer dominiert sind und Diversität, anders als in anderen Kategorien, noch stärkere Beachtung findet als dort, wo sie längst Einzug gehalten hat.
Auch Stellen im Gesundheitswesen, HR und Recruitment sowie Ausschreibungen im Rechtswesen setzen mittlerweile stark auf die Diversität ihrer Bewerber.
Auffällig war allerdings, dass Stellenanzeigen für Hochschulabsolventen eine wesentlich niedrigere Diversität in ihren Stellenausschreibungen reflektieren. Über die Gründe ist nichts bekannt.
Die Jobsuchmaschine Adzuna analysierte alle Jobtitel sowie Beschreibungen ihrer Plattform in Deutschland über die verschiedenen Jobkategorien hinweg. Als Indikator einer genderneutralen Anwendung wählte Adzuna das Keyword „(w/m/d)“ und untersuchte es auf seine Häufigkeit in den Stellenanzeigen. Das „d“ bei (m/w/d) steht für „divers“ und weist auf ein drittes Geschlecht hin. Unternehmen zeigen damit, dass sie im Sinne des Antidiskriminierungsgesetzes (AGG) auch solche Bewerber nicht diskriminieren oder entmutigen, die sich nicht eindeutig einem männlichen oder weiblichen Geschlechts zuordnen lassen möchten oder können.
Fotos beweisen: Traditionelle Rollenbilder herrschen noch vor
Parallel dazu erfolgt die Erkenntnis, dass es auch an der visuellen Darstellung hapert. Denn auch im Bild herrschen Klischees in Stellenanzeigen noch vor: So sind immer wieder Frauen in Jobanzeigen zu finden, die in die Kamera lächeln, während Männer auf Fotos oft ernst ausschauen oder konzentriert im Einsatz sind. Nur ein Fünftel der insgesamt 872 dargestellten Frauen schaffte es mit neutralem Gesichtsausdruck auf die Karriereseite, stellt die Agentur Mashup Communications in ihrer Studie fest.
Zum Vergleich: Männer zeigten sich zu einem Drittel neutral. Daraus schließen die Mashup-Experten: Frauen müssen in der Business-Welt „freundlicher auftreten als Männer“, um erfolgreich zu sein.
Diversität in Jobanzeigen der Dax-30-Unternehmen – Teil 1:
Unternehmen | Bewerberansprache | Fotos |
Adidas | in Englisch | Stockfotos, wirken oft „bemüht“.
Auffällig: Viele Frauen im Bild, die |
Allianz | Diversität wird im Vorfeld abgefangen durch generelle Aussage |
Männer im Anzug, Frauen im roten Kleid; Männer in der Überzahl |
BASF | Männliche Ansprache mit Kürzel in Klammern (m/w/d); Karriereseite: Ansprache auf Englisch: We need you |
Fotos sind häufig personenfrei. Falls Fotos mit Personen: ausgewogenes Verhältnis: jung, alt, deutsch, Ausländer, männlich, weiblich. „Klassiker“ aber bei der Suche von Fachkräften für Produktion & Technik oder Ingenieuren: immer männliche Models |
Bayer | Diversität wird im Vorfeld abgefangen durch generelle Aussage. Männliche Ansprache mit Kürzel in Klammern (m/w/d) |
Stockfotos, besetzen folgende Themen: Bezug auf Work-Life-Balance (Vater mit Kind, Frau im Homeoffice, beim Joggen, unterwegs im Ausland); häufig vermitteln ausländische Frauen Diversität |
Beiersdorf | Diversität wird im Vorfeld abgefangen: „Wir fördern Vielfalt“. Männliche Ansprache mit Kürzel in Klammern (m/w/d) in Stellenanzeigen |
Stockfotos aus der Werbung, gerne ausländische Frau.
Auffällig viele Frauen, Ausländer, Ältere. In |
BMW | Kürzel (W/M/X)
Ansprache mit „Du“ (je nach |
Fotos: auffällig hoher Frauenanteil.
Junge Frauen, Ausländer, Ältere (durch Männer abgedeckt). Karriereseite: Frau/Mann bei Motorradherstellung „beweist“ |
Continental | Ansprache mit Sie, bei Stellenbeschreibung mit Kürzel (w/m/divers) |
Schmuckbild ohne Personen bei Stellenausschreibungen in Portalen und auf Karrierewebsite. Karriereseite: bunte Vielfalt im Überblick Stockfotos, achten auf gleiches Verhältnis Männer/Frauen/alt/ |
Covestro | Diversität wird im Vorfeld abgefangen durch generelle Aussage. In der Beschreibung keine weiblichen Angaben. In Stellenanzeigen auf der Website oft englische Angaben, keine Bilder |
Bilderfolgen: Mann/Frau + Ausländer
Auf Karrierewebseite eher männerdominiert: |
Daimler | Ansprache: Du oder Englisch | Stockfoto m/w oder ausländische Frau
Übersichtsseite: bunte Mischung, wenig Ältere |
Delivery Hero | Ansprache englisch | Übersichtsseite: viele eigene Mitarbeiter
Bildausschnitte (für „coole“ Wirkung, z.B. Tattoo) Stellenanzeigen: Diversität „lebt“ auf Fotos |
Deutsche Bank | Kürzel (w/m/d) | Schmuckbilder zur Work-Life-Balance oder Fotos von der Firmenzentrale; Ungleichgewicht: vor allem Männer, auch Fotoausschnitte mit männlichen Attributen |
Deutsche Börse | Kürzel (f/m/d), Ansprache häufig auf Englisch |
Fotos, v.a junge Menschen, m/w in etwa gleichem Verhältnis;
Stockfotos auf Übersichtsseite. In Stellenanzeigen oft ausländischen Frauen abgebildet. |
Deutsche Post DHL Group | Kürzel | Stockfotos, bemüht divers und viele junge Menschen;
Karrierewebseite: Schmuckfotos von Logistik |
Deutsche Telekom | Kürzel
Du-Ansprache |
Bemüht wirkende „bunte“ Seite |
Deutsche Wohnen | Sie-Ansprache
Kürzel (m/w/d) |
Witzige Fotos
Vorstellung in Filmchen, diese sind aber sehr „stockig“ |
Im direkten Arbeitsumfeld werden die Unterschiede noch deutlicher: Fast zwei Drittel der Männer werden als „Macher“ präsentiert: sie forschen, schreiben, schrauben – aber nur gut ein Drittel der Frauen haben einen ähnlichen „Auftritt“. Geht es um höhere Positionen, klaffen die Werte sogar noch stärker auseinander. Interessant ist dabei, dass männliches Führungspersonal älter und damit als „erfahrener“ dargestellt wird.
Für Frauenbilder in den gleichen Managementpositionen müssen aber offenbar jüngere Models herhalten: Der Altersurchschnitt liege in der Mehrzahl zwischen 20 und 35 Jahren.
Vor allem mangelt es oft an Authentizität: Viele Unternehmen bedienen sich so genannter „Stockfotos“ aus Bilddatenbanken. Diese Fotos wiederholen sich dann auch mal bei unterschiedlichen Konzernen.
Auffällig ist, dass dabei oft mehrere Genderfaktoren in einem Foto abgefangen werden sollen. Häufig sind folgende Kombinationen zu finden:
- Frau, die sichtbar nicht aus Deutschland stammt
- Gruppe mit Männern und Frauen im Verhältnis 50:50, die jede mögliche Diversität abbilden
Offene Kommunikation über Diversität
Auf den Karriere-Webseiten sprechen einige Unternehmen das Thema direkt offen an: Manchmal kurz und bündig wie Covestro: „Wir sind Covestro. Wir sind neugierig. Wir sind mutig. Wir sind vielfältig.“
Oder noch kürzer wie VW: „Hello Bunt“.
Manche dagegen sind auch ausführlicher, wie Bayer: Das Unternehmen „begrüßt Bewerbungen aller Menschen ungeachtet von ethnischer Herkunft, nationaler Herkunft, Geschlecht, Alter, körperlichen Merkmalen, sozialer Herkunft, Behinderung, Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, Religion, Familienstand, Schwangerschaft, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder einem anderen sachfremden Kriterium nach geltendem Recht. Wir bekennen uns zu dem Grundsatz, alle Bewerberinnen und Bewerber fair zu behandeln und Benachteiligungen zu vermeiden.“
Oder Allianz: „Die Allianz ist ein Arbeitgeber, der Chancengleichheit fördert. Bei uns sind alle willkommen, unabhängig von Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Herkunft, Nationalität, Rasse oder ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Behinderung oder sexueller Orientierung.“
Doch in den Fotos wirken dann bisweilen trotzdem alte Klischees nach: So zeigt Allianz bei den Stellenausschreibungen Männer im dunklen Anzug, Frauen im roten Kleid. Und Bayer thematisiert zum Beispiel Work-Life-Balance mit Frauen im Homeoffice oder beim Joggen, bemüht sich dann allerdings auch um Väter mit ihren Kindern.
Die Studien zeigen somit: Diversität ist noch nicht selbstverständlich – und in den Stellenanzeigen wird das zuallererst sichtbar.
Diversität in Jobanzeigen der Dax-30-Unternehmen – Teil 2:
Eon | Ansprache du | Stockfotos, divers |
Fresenius | Kürzel (m/w/d) | Soziales Engagement in Bildern auf Karriere-Webseite; Stellenanzeigen oft ohne Fotos |
Fresenius Medical Care | Kürzel (m/w/d) | Fotos aus dem Labor, männlich geprägt |
HeidelbergCement | Kürzel (m/w/d), Ansprache gerne auch in Englisch, v.a. bei IT-Jobs |
Fotos aus dem Arbeitsleben und Stockfotos |
Henkel | Ansprache englisch | Fotos (Webseite und Anzeigen), Diversität als Foto „übersetzt“ in ausländische Frau bzw. ausländischer Mann |
Infineon | Englische Ansprache | Fotos stammen aus einer Bilddatenbank, wirken steril |
Linde | Kürzel | Filme aus dem Werk, männlich dominiert |
Merck | Ansprache englisch | Keine Fotos, Designbilder (geschlechtslos) |
MTU | Kürzel (m/w/d) | Stockfotos mit Frauen und Männern in Stellenanzeigen; Karriere-Übersichtsseite: Personen-Mix |
Münchener Rück | Ansprache englisch
Kürzel |
Insgesamt wenige Fotos auf Karriere-Webseite; Motiv gerne: ausländische Frau |
RWE | Ansprache du oder englisch | Fotos aus dem reellen Arbeitsleben, ausgewogen divers; zum Teil gar keine Fotos in Anzeigen auf Karrierewebseite |
SAP | Selbstverpflichtung zur Vielfalt in jeder Stellenanzeige; Kürzel (w/m/d) |
Videos
Eigentliche Anzeigen ohne Fotos |
Siemens | Kürzel | Fotos sehr divers, aus dem Arbeitsleben (Slider) |
Volkswagen | Kürzel; Ansprache mit „Du“, Karriere-Übersichtsseite: Begrüßung mit „Hello Bunt“ |
Stockfotos, um Diversität bemüht |
Vonovia | Kürzel | Fotos männlich dominiert;
Karriere-Übersichtsseite aber gemixt |