Jobs 60plus: Die besten Stellenangebote für Senioren
Manager über 60 Jahren kommen in Mode. Kein Wunder, haben sie doch viel Erfahrung und beste Kontakte. Doch um rüstige Rentner zu reaktivieren, braucht es kluge Konzepte. Firmen wie Bosch und Allianz machen es vor.
Senioren gesucht Jobs 60plus - Die besten Stellenangebote für Senioren © Amanda Hsu Perkins - Fotolia.com
Mit 60 Jahren startet Ex-Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt beruflich noch einmal neu durch: Kaum endete ihre Amtszeit an Deutschlands höchstem Gericht – sonst die Krönung einer jeden Richter-Laufbahn- engagierte Daimler-Chef Dieter Zetsche die erfahrene Juristin als Vorstand für das neu geschaffene Ressort Integrität und Recht.
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Vom Richtersaal in die Vorstandsetage eines Dax-Konzerns: Nach einem langsamen Ausstieg aus dem Arbeitsleben, der sonst für viele in diesem Alter ansteht, sieht das für Hohmann-Dennhardt nicht aus. Auch Oswald Grübel will weder rasten noch rosten. Der 67-Jährige Banker ist inzwischen sogar zum zweiten Mal aus seinem ursprünglichen Vorruhestand zurückgekehrt, um ein Schweizer Geldhaus zu sanieren. Nach seinem erfolgreichen ersten Feuerwehr-Einsatz bei der Credit Suisse hat der Unruheständler gerade auch beim größten Schweizer Finanzinstitut UBS die Rückkehr zu schwarzen Zahlen geschafft. In der Branche heißt es bewundernd: „So einen lässt man doch nicht zu Hause versauern.“
Methusalem-Manager wie Oswald Grübel oder auch Ekkehard Schulz, der gerade mit 69 seinen Platz als Vorstandsvorsitzender bei Thyssen-Krupp geräumt hat, könnten in Mode kommen. Zwangsweise. Denn der deutschen Wirtschaft droht ein gewaltiger Aderlass: Die Generation der sogenannten Baby-Boomer geht in Rente. Die Gruppe der heute 55- bis 64-Jährigen ist mit einer Erwerbsquote von derzeit 56 Prozent die größte. Und an jüngeren Arbeitskräften wachsen längst nicht mehr genügend nach.
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Senioren gesucht – Arbeitsmarkt für über 60-jährige
Einige Firmen haben das bereits erkannt. Zu den wenigen Pionieren unter den Arbeitgebern hierzulande zählen Mittelständler wie Autoteile-Lieferant Brose, der schon 2003 mit dem Slogan „Senioren gesucht“ Aufmerksamkeit erregte und der westfälische Elektronikproduzent Phönix Contact, der über 50-Jährigen zum Beispiel die Wahl aus bis zu 75 Arbeitszeitmodellen ermöglicht, damit sie ihr Privat- und Berufsleben bequem unter einen Hut bringen können. Gelernt haben sie von den Japanern.
Prominentestes Beispiel unter den japanischen Marathon-Managern ist Kazuo Inamori. Der heute 79 Jahre alte Gründer des Industriekonzerns Kyocera, dessen Stiftung alljährlich den renommierten Kyoto-Preis für überragende Leistungen in Wissenschaft und Kunst vergibt, hat sich im Alter von 77 Jahren überreden lassen, die Fluglinie Japan Airlines aus dem Bankrott zu führen. Er arbeite sehr intensiv an der Rettung und habe dabei erfreulicherweise auch schon vier Kilo abgenommen, lässt er ganz im Sinne der fernöstlichen Fitness-Philosophie verlauten. In Europa wiederum hat Norwegen Maßstäbe in Sachen fortgeschrittenstes Verrentungsalter gesetzt: Erst mit 67 Jahren ist im hohen Norden Schluss mit dem Job – egal, ob Frau oder Mann, Manager oder nicht.
Den neuen europäischen Methusalem-Rekord allerdings dürften demnächst die Iren aufstellen: Schon 2028 soll das Renteneintrittsalter für jedermann 68 Jahre betragen. Dagegen kämpfen Italien und Schweden ebenso wie China gegen eine so hohe Jugendarbeitslosigkeit an, dass sich der Fokus dieser Länder derzeit nicht auf die Weiterbeschäftigung Älterer richtet. Führungskräfte sitzen besonders fest im Sattel. In Deutschland haben sich erst wenige Pioniere unter den Unternehmen auf die „neuen Alten“ eingerichtet, die sich für fit und fähig halten, über die gesetzliche Altersgrenze weiterzuarbeiten. Das wichtige Talentreservoir bleibt meist ungenutzt.
Ganz im Gegenteil, noch immer schicken Konzerne wie die Telekom Endfünfziger scharenweise in den Vorruhestand. Dabei herrscht besonders in der Deutschland AG offenbar die Meinung vor, dass Vorstände schneller altern als die übrigen Mitarbeiter. Während Otto-Normalarbeitnehmer immer später in den Ruhestand wechselt, beginnt für ihre Chefs immer früher das Rentnerdasein. Nach einer Erhebung der Unternehmensberatung Booz & Company ist das Durchschnittsalter, mit dem sich Vorstände freiwillig oder unfreiwillig verabschieden, von 2003 bis 2009 von 59 auf knapp 56 Jahre gesunken.
Heute ist es in Deutschland außerdem üblich, Führungskräfte generell deutlich unter 65 nach Hause zu schicken: Einer Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung aus dem vergangenen Jahr zufolge gilt die Regelaltersgrenze nur noch in einem Viertel der Unternehmen. Etwa die Hälfte schickt Manager mit 60 in Rente. Beim restlichen Viertel setzen die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung schon für 62- oder 63-Jährige Manager ein.
Zwar heißt das nicht, dass jedes Vorstandsmitglied auch mit 60 oder 62 tatsächlich geht. Vielfach erhalten sie im Anschluss aber nur noch ein- oder zweijährige Verträge. Diese können in einigen Konzernen bis zum 65. Lebensjahr verlängert werden. Ein Beispiel ist Eon, dessen Vorstandsmitglied Ulrich Hartmann entgegen den Usancen erst im Alter von 64 Jahren in den Aufsichtsrat wechselte.
Die Unternehmen lassen sich den Vorruhestand ihrer Chefetagen einiges kosten. Nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung betrugen die Gesamtrückstellungen für die Altersversorgung der obersten Chefs 2009 rund 67 Millionen Euro pro Dax-30-Unternehmen. Die feudale Alterssicherung könnte auch ein Grund dafür sein, warum sich viele Manager gegen ihren vorzeitigen Ausstieg gar nicht wehren.
Know-how sichern
Die Unternehmen können sich diese Haltung aber aufgrund der demografischen Entwicklung nicht länger leisten. „Mit vorzeitigen Pensionierungen und Altersteilzeitvereinbarungen müssen wir künftig sehr selektiv umgehen. Das ist zu teuer und der Know-how-Verlust ist zu groß“, sagt Gothaer-Personalvorstand Michael Kurtenbach. Er ist ein Vertreter der schätzungsweise zwei Dutzend deutschen Vorreiter, die für ihr Unternehmen ein lebensphasenspezifisches Personalmanagement betreiben.
Dazu hat sich die Gothaer Versicherung das „Senior Expert Modell“ für Manager der ersten und zweiten Führungsebene einfallen lassen. Sie arbeiten wann und wie sie wollen. Wer aus dem Alltagsdruck mit Personal- oder Budgetverantwortung raus möchte, betätigt sich dann als Projektmanager, Berater des Vorstands oder auch als Mentor für den Nachwuchs. „Wir wollen sie länger fit und an Bord halten.“ Allerdings nutzen dieses Angebot gerade mal fünf von zehn der über 60-jährigen Manager. Immer öfter ist das spezifische Know-how der Älteren so gefragt, dass eine wachsende Zahl von Unternehmen sich einiges einfallen lässt, um selbst Rentner erneut an sich zu binden.
So mancher Vorruheständler kehrte deshalb schon nach seiner aktiven Phase der Altersteilzeit als Berater in seine alte Firma zurück. So will zum Beispiel auch der Gothaer-Konkurrent Allianz mit seinem neuen „Silver-Liner“-Konzept Wissensträger gezielt nach ihrer Pensionierung an sich binden. Und sie zum Beispiel als Unterstützung für die internen Berater oder als Mentoren für ihre jungen Nachfolger in der Agenturleitung einsetzen.
In Portugal und Frankreich hat der Dax-Konzern bereits erprobt, wie die erfahrenen Ex-Manager über 60 den jungen Agenturleitern den Einstieg als Chef erleichtern. „Wir sichern damit das in der Belegschaft vorhandene Know-how und die Übertragung auf nächste Generationen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Allianz, Michael Diekmann.
Außerdem plant der Versicherungskonzern in diesem Jahr noch ein Pilotprojekt, in dem die künftige, firmeninterne Altersstruktur des Jahres 2020 simuliert werden soll: Er will ganze Abteilungen im Innendienst oder Vertrieb genau so zusammensetzen, wie sie in acht Jahren aussehen werden. Diekmann will sehen, was passiert, wenn der Altersdurchschnitt seiner 170000 Mitarbeiter steigt.
Schließlich ist es eine ganz besondere Management-Herausforderung, wenn ein Abteilungs- oder Bereichsleiter neben vielen Kollegen kurz vor der Rente oder solchen, die schon wieder zurückgekehrt sind, mit nur noch vereinzelten Berufseinsteigern zusammenarbeiten soll. Wie sich dementsprechend Arbeitszeiten, die Firmenkultur oder auch die Unterstützung im Privatleben für die Mitarbeiter ändern müssen, lässt sich davon ableiten.
Von der Mumiensammlung zum Beraterpool
Das Paradebeispiel für gelungene Zusammenarbeit aus Senioren und Junioren ist der Bosch Management Support: Jeder der dort aktiven rund 800 Senioren im Alter zwischen 60 und 75 verfügt über 30 bis 40 Jahre Bosch-Erfahrung. Insgesamt kommen so mehr als 26 000 Jahre an Know-how zusammen, die dem alten Arbeitgeber weltweit bei akutem Bedarf zur Verfügung gestellt werden.
„Dies ist ein unschätzbarer Wert, den wir unbedingt so lange wie möglich an Bord halten wollen“, sagt Alfred Odendahl. Er weiß, wovon er spricht. Zusammen mit Thomas Heinz teilt er sich die Geschäftsführung des ursprünglich als „Boschs Mumiensammlung“ belächelten BMS, der inzwischen seit gut elf Jahren besteht.
Die beiden Bosch-Pensionäre üben ihr Amt in Teilzeit aus. Nur dienstags und donnerstags sind die beiden Chefs im Büro, ein Luxus, den sich die Unruheständler jetzt endlich gönnen. Das Arrangement rechnet sich offenbar für beide Seiten, denn die rüstigen Rentner verdienen als selbstständige Berater angemessen dazu, für den Zulieferer entfallen Sozialabgaben und ihm bleiben deutlich teurere Beraterhonorare für externe Experten erspart.
Senioren als Berater – Zur Nachahmung empfohlen
Inzwischen gibt es auch schon erste Nachahmer wie Daimler. Beim Stuttgarter Automobilkonzern gibt es seit Juli 2008 das im Vorstand angesiedelte Programm „Senior Consultancy“. Die dort gelisteten 30 Pensionäre im Alter von 62 bis 69 Jahren beraten ihre festangestellten Kollegen in Sindelfingen in Sachen Fahrzeugentwicklung. Ihr Pluspunkt: Sie sind bestens verdrahtet und kennen die internen Abläufe.
Durchaus denkbar, dass in Zukunft auch mal ein Ex-Vorstand in diesem Experten-Pool sein Know-how zur Verfügung stellt. Vielleicht ja sogar Christine Hohmann-Dennhardt, wenn sie in fünf Jahren die interne Altersgrenze für Daimler-Vorstände von 65 Jahren erreicht. Denn schon Schlagerstar Udo Jürgens wusste in den 70ern: „Mit 66Jahren ist noch lang noch nicht Schluss.“
Die Erwerbsbevölkerung schrumpft in vielen Staaten der Welt. Aufgrund der demografischen Entwicklung – immer mehr alte, immer weniger junge Menschen – drohen erhebliche Lücken. Um die zu schließen, setzen viele Regierungen wie auch die deutsche Bundesregierung auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Etliche Länder wie Italien oder die Tschechische Republik beenden gleichzeitig auch den bisherigen Unterschied im Verrentungsalter von Frauen und Männern.
Die Spanne des Renteneintrittsalters ist, international betrachtet, noch immer groß. Während Norwegen schon heute alle Arbeitnehmer erst mit 67 in den Ruhestand entlässt, werden sich die Arbeitnehmer in Frankreich und der Slowakischen Republik auch nach der Rentenreform schon im Alter von 62 Jahren vom Berufsleben verabschieden.
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