Jahresrückblick 2020: So hat sich die Jobsuche in der Coronakrise verändert
Nach der Schockstarre im Frühjahr ist das Interesse der Bewerber an Jobs stark gestiegen – vor allem auch fürs Homeoffice und als Quereinsteiger.
Looping bei der Jobsuche Die Coronakrise hat die Jobsuche auf den Kopf gestellt: Ein nie dagewesenes Auf und Ab kennzeichnet das Interesse der Bewerber an neuen Tätigkeiten. © Karriere Foto: Emil Widlund on Unsplash
Als wahre „Achterbahnfahrt“ kann die Jobsuche im Jahr 2020 bezeichnet werden. Während Bewerber im Januar – traditionell wie in jedem Jahr – den stärksten Antrieb nach einem Jobwechsel verspürten, und die Suche nach einer neuen Beschäftigung bereits einem Höhepunkt näherte, war die Talfahrt Corona-bedingt besonders hart: Im April erreichte sie ihren Tiefpunkt.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum brach das Bewerberinteresse um gut ein Drittel ein. Das zeigt jetzt eine Auswertung der Jobplattform Stepstone. Darin wurden die Suchanfragen des Jahres und die ausgeschriebenen Stellenangebote analysiert.
Ohne Looping lief es dann auch nicht: Nach der Schockstarre setzte offensichtlich die Vernunft der Wechselwilligen ein: So hatte im Juni jeder dritte Beschäftigte seinen Wunsch nach einer erfüllenderen Tätigkeit zunächst aufgeschoben – während ebenso viele Angestellte gerade wegen Corona verstärkt auf Suche gingen oder gehen mussten.
Nach dem ersten Lockdown erreichten die Suchanfragen ihren Höhepunkt im September.
Riesiges Interesse an neuen Jobs
Seit dem Sommer geht es laut der Stepstone-Analyse stetig bergauf: Im November lag das Interesse an Jobs bereits wieder auf Vorjahresniveau. „Wohl noch nie haben sich so viele Menschen mit der Frage beschäftigt, ob ihr Job eigentlich der richtige ist“, sagt Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte bei Stepstone. „Wir beobachten ein riesiges Interesse am Thema Jobs.“
Um sich umfassend über ihre Möglichkeiten in der Jobwelt zu informieren, hätten sich allein 2020 „mehr als eine Million Menschen“ bei der Online-Stellenbörse angemeldet.
Gezielte Suche nach Jobs im Homeoffice
Während viele Arbeitnehmer durch die Coronakrise dazu gezwungen waren, von zuhause zu arbeiten, stieg auch die Zahl derjenigen, die nach Jobs mit Remote-Option suchten: Im Vergleich zum Vorjahr interessierten sich rund 20 Prozent mehr Bewerber als 2019 dafür. Der Begriff „Homeoffice“ stieg in die Top-25-Suchbegriffen auf Stepstone.de auf.
Das Angebot an Homeoffice-Jobs konnte dem jedoch nicht gerecht werden: Bisher wirbt nur eine Minderheit der Arbeitgeber damit. Weniger als jede zehnte Stellenanzeige beinhaltet einen Hinweis auf diese Möglichkeit.
Dabei geht es den meisten Bewerbern nicht um 100 Prozent Homeoffice. „Die wenigsten Menschen wünschen sich das“, so Arbeitsmarktexperte Zimmermann. Aber dennoch: „Die Möglichkeit zum flexiblen und mobilen Arbeiten entwickelt sich trotzdem zum essenziellen Faktor bei der Jobwahl.“ Seine Empfehlung: Unternehmen, die flexible Arbeitsmöglichkeiten anböten, sollten darüber „unbedingt schon in der Stellenanzeige“ informieren.
„Sonst laufen sie Gefahr, die besten Talente an den Wettbewerb zu verlieren.“
Mehr Bereitschaft zum Branchenwechsel
Das betrifft auch die Möglichkeit für Quereinsteiger: Die Bewerber-Nachfrage ist erstmals in den Top-20-Suchbegriffen zu finden.
Jobsuchende vergrößerten in diesem Jahr insgesamt den Radius ihrer Jobsuche. Mehr als 50 Prozent der Jobsuchenden gab laut Stepstone an, ihre Suchkriterien auf neue Branchen und Bereiche ausgeweitet zu haben.
Die neue Flexibilität spiegelt sich auch in den Sucheingaben wider: So suchten Menschen 2020 häufiger nach bestimmten Kenntnissen und Fähigkeiten als nach starren Jobtiteln.
Krisenfeste Jobs im Angebot
Besonders viele neue Jobangebote gab es 2020 für Personal im Einzelhandel. Hier stiegen die Offerten um 45 Prozent. Ausdruck des durch die beiden Lockdowns eingeschränkten Lebens ist auch der Angebotsanstieg an Versandmitarbeiter*innen um 22 Prozent. Zudem waren Arbeitgeber in den Gesundheitsberufn in Not. Vor allem suchten sie nach Krankenpfleger*innen. Um acht Prozent stieg hier die Nachfrage.
Auch die Suchanfragen nach krisenfesten Jobs erhöhten sich signifikant. Begriffe wie „Verkäufer“, „Minijob“ oder „Altenpfleger“ machten das Rennen und wurden rund doppelt so oft eingegeben wie im Vorjahr.
Einen gewaltigen Anstieg verzeichneten darüber hinaus Jobs mit wenig bis geringen Vorkenntnissen: Um mehr als 137 Prozent stieg die Nachfrage der Bewerber nach Jobs als Auslieferungsfahrer, bei Lageristen-Stellen erhöhte sich das Interesse um mehr als die Hälfte. Verdreifacht hat sich die Jobsuche im Bereich „Produktionsarbeit“.
Veränderte Suchgewohnheiten: Lieber abends auf der Couch statt auf dem Weg zur Arbeit
Waren die Zugriffszahlen für die mobile Nutzung in den vergangenen Jahren stets um acht Uhr morgens am höchstens, suchten 2020 die meisten abends um 21 Uhr mit dem Handy nach neuen Jobmöglichkeiten.
Die Zeiten der Jobsuche per Desktop haben sich dagegen nicht geändert. Auch im Corona-Jahr waren Jobsuchende montags um 11 Uhr am aktivsten – in vielen Fällen bedeutet das: während der Arbeitszeit.
Montag ist insgesamt der beliebteste Tag für die Jobsuche – und auch für die Bewerbung.
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