Mein Karrierecoach: Darf im Arbeitszeugnis der Kündigungsgrund einfach angegeben werden?

Die Angabe von Gründen ist empfehlenswert. Eine wohlwollende Formulierung ist jedoch Pflicht, sagt der Experte.

Anne Koschik | 19.11.2024
Mein Karrierecoach: In dieser Rubrik stellen Leser und Leserinnen ihre Karrierefrage – die Antwort hat diesmal Sebastian Schröder geliefert.

Karrierecoach Schröder I Mein Karrierecoach: In dieser Rubrik stellen Leser und Leserinnen ihre Karrierefrage – die Antwort hat diesmal Sebastian Schröder geliefert.

Franziska J.* fragt den Karrierecoach:

Vermutlich aus Angst bei ihrem Noch-Arbeitgeber in Ungnade zu verfallen, hat Franziska J. nicht viel über sich verraten. Sie scheint jedoch in großer Sorge zu sein, dass eine Formulierung im Arbeitszeugnis bei einer Bewerbung oder Vorstellung im neuen Unternehmen schlecht ankommen könnte. Franziska J. schreibt:

Ich habe auf der Internetseite gelesen, dass die Art und der Grund der Beendigung nur mit Erlaubnis meinerseits angegeben werden darf. Ist das richtig?

Ein Satz macht ihr persönlich große Probleme:
… ist entgegen der vertraglichen Vereinbarungen ausgeschieden, um in einer neuen Aufgabe erfolgreich zu wirken.

Sie fragt: „Kann ich den Satz streichen lassen?“

Karrierecoach Sebastian Schröder antwortet:

Im Zeugnisrecht gilt als oberster Grundsatz die Zeugniswahrheit. Das Zeugnis muss objektiv richtig sein. Dieser Grundsatz gilt natürlich nicht ohne Kompromisse. Denn insbesondere die Pflicht zur „wohlwollenden Formulierung“ führt hier immer wieder zu Spannungen. Jedenfalls haben Behauptungen, Annahmen oder bloße Verdächtigungen im Zeugnis nichts zu suchen.

Der genannte Satz liest sich wie eine Behauptung und suggeriert noch dazu, dass die Arbeitnehmerin vertragsbrüchig war. Der Satz ist gegebenenfalls falsch, weil die Behauptung sogar unzutreffend ist und die Arbeitnehmerin ordnungsgemäß gekündigt hat.
Der Satz verstößt jedenfalls gegen den Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung und ist zu streichen.

Welche Begründungen gut und welche nicht erlaubt sind

Die Angabe der Gründe im Zeugnis, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, sind immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten. Das Zeugnis darf aber nicht ohne sachlichen Anlass erkennen lassen, dass sich die Arbeitsvertragsparteien im Streit getrennt haben, hat das Bundesarbeitsgericht einmal klargestellt.

Der Grund und die Art des Ausscheidens ohne oder gegen den Willen des Arbeitnehmers dürfen nach einer weit verbreiteten Auffassung der Arbeitsgerichte aus dem Zeugnis nicht ersichtlich sein.

Häufig werden fehlende Gründe aber zu Lasten des Arbeitnehmers ausgelegt. Auf Wunsch des Arbeitnehmers muss der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zeugnis genannt werden.

Wünschenswert ist, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt und im Zeugnis erwähnt wird, dass das Arbeitsverhältnis „auf Wunsch des Arbeitnehmers“ beendet wird. Hinnehmbar ist die Angabe betriebsbedingter Gründe und der Hinweis auf das „Bedauern“ des Arbeitgebers.

Inakzeptabel sind Hinweise auf eine verhaltens- oder personenbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber.

Arbeitszeugnis: Was bei der Wortwahl zu beachten ist

Die Formulierung „im gegenseitigen Einvernehmen“ kann auf einen Konflikt hindeuten, der letztlich durch einen Aufhebungsvertrag oder Vergleich beigelegt wurde. Besser wäre: „im besten gegenseitigen Einvernehmen“.

Auf eigenen Wunsch“ deutet immer auf den besten Fall, nämlich eine Arbeitnehmerkündigung hin.

Die Begriffe „Beendigung“ oder „Trennung“ können auf eine Kündigung auf Initiative des Arbeitgebers hindeuten.

Welche Formulierungen in Coronazeiten angeraten sind

Die Corona-Krise führt bedauerlicherweise bereits jetzt zu betriebsbedingten Kündigungen. Stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine betriebsbedingte Kündigung in Aussicht oder haben Arbeitnehmer eine solche coronabedingte Kündigung bereits erhalten, empfiehlt sich bereits im Zwischenzeugnis diese Klarstellung.

Vorschlag: „Wegen der außerordentlichen wirtschaftlichen Belastungen infolge der SarS-Covid19-Pandemie sind wir zu unserem Bedauern gezwungen, das Arbeitsverhältnis mit Frau XY unerwartet ordentlich fristgerecht zum 31.12.2020 zu beenden.“ Eine entsprechende Formulierung kann dann auch im Endzeugnis aufgenommen werden.

Wie Sie Ihre Änderungswünsche am besten durchsetzen

Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber. Machen Sie deutlich, dass Sie Ihr berufliches Fortkommen durch eine bestimmte Formulierung im Zeugnis als gefährdet ansehen.
Zeugnissen wird heutzutage aber eine viel zu große Bedeutung beigemessen. Feilschen Sie daher nicht um jede kleinste Formulierung. Nicht hinnehmbare Formulierungen sollten Sie jedoch durch anwaltliche Unterstützung berichtigen beziehungsweise streichen lassen.

Vereinbaren Sie im Rahmen von Aufhebungsverträgen ein eigenes Entwurfsrecht, das heißt Sie legen dem Arbeitgeber einen Zeugnisentwurf vor, von dem dieser nur aus „wichtigem Grund“ oder „berechtigtem Grund“ abweichen darf.

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