Zeitlich befristet – welche Rechte hat der Arbeitnehmer?
Jeder zweite neue Arbeitsvertrag in Deutschland ist nur noch befristet. Wir erklären Ihnen anhand von häufig gestellten Fragen, welche Rechte und Pflichten die Beschäftigten auf Zeit haben und worauf man beim Abschluss des Vertrags achten sollte.
Keine unbegrenzte Befristung Unaufhaltsam rinnt die Zeit: Für manche lohnen sich Zeitverträge, für andere sind befristete Jobs ein echtes Problem. Foto: Aron Visuals on Unsplash
Immer mehr Firmen stellen ihre Mitarbeiter nur befristet ein. „Der Trend geht zu möglichst wenig Verbindlichkeiten und mehr Flexibilität“, sagt Martina Perreng, Arbeitsrechtsexpertin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Dass Chefs befristet einstellen, hat einen simple Ursache: Sie brauchen dann keinen Kündigungsgrund mehr, weil der Vertrag irgendwann einfach ausläuft.
Für den Arbeitnehmer bedeuten die Stellen auf Zeit erhebliche Unsicherheiten. Doch Jobs sind rar, gerade Berufsanfänger nehmen oft mehrere Befristungen hintereinander auf sich. Dabei sollten sie unbedingt auf typische juristische Fallen achten.
Was ist der Unterschied zwischen Zeitarbeit und einem befristeten Arbeitsverhältnis?
Die Zeitarbeit ist generell ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer ist unbefristet bei einer Zeitarbeitsfirma eingestellt und wird einer anderen Firma für bestimmte Tätigkeiten entliehen.
Dazu macht das Unternehmen einen separaten Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma. Bei einer Befristung hingegen beschäftigt es den Mitarbeiter selbst – aber nur für eine beschränkte Zeit.
Worauf muss ich achten, wenn ich einen befristeten Arbeitsvertrag unterschreibe?
Ein befristeter Vertrag muss immer schriftlich vorliegen. Eine mündliche Vereinbarung ist unwirksam. Der Arbeitgeber muss ihn vor Arbeitsbeginn unterschreiben und seinem neuen Angestellten vorlegen. Sonst gilt das Arbeitsverhältnis vom ersten Arbeitstag an als unbefristet.
Unterschieden werden zwei Arten von befristeten Verträgen: Solche ohne besonderen Grund, die auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt sind. Juristen nennen dies „Befristung ohne sachlichen Grund“ oder auch „kalendermäßige Befristung“.
Eine Befristung ohne Sachgrund ist allerdings nur bei Neueinstellungen möglich. Bei den Befristungen ohne Sachgrund ist zudem wichtig, dass im Vertrag das Ende des Arbeitsverhältnisses genau angegeben ist.
Die zweite Variante ist die Befristung mit einem „Sachgrund“, der auch explizit im Vertrag genannt werden sollte. Ansonsten sind Auseinandersetzungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorprogrammiert.
Welche Sachgründe für eine Befristung lassen Gerichte gelten?
Das regelt das Teilzeit- und Befristungsgesetz, unter Paragraph 14, Absatz 1. Die wichtigsten Gründe: Man vertritt einen Kollegen während seiner Elternzeit oder arbeitet nur für die Dauer eines Projekts.
Zulässig und üblich ist es auch, Berufsanfänger, die gerade erst ihre Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben, zunächst befristet einzustellen. Eine Art verlängerte Probezeit.
Wie oft darf ein befristeter Arbeitsvertrag verlängert werden?
Das hängt von der Art der Befristung ab. Eine kalendermäßige Befristung ohne Sachgrund darf insgesamt höchstens zwei Jahre dauern. In dieser Zeit kann der Arbeitgeber den Vertrag maximal drei Mal verlängern. Das nennt sich Kettenbefristung.
Werden die Mitarbeiter danach weiterbeschäftigt, muss eine Entfristung des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Theoretisch ist es auch möglich, nach Neueinstellungen mit einer Befristung ohne Sachgrund nach Ablauf der Höchstdauer von zwei Jahren eine Befristung mit Sachgrund anzuschließen – weil beispielsweise der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind.
Eine weitere Ausnahme besteht nach Firmenneugründung: Wer das Unternehmen selbst erst gegründet hat, kann seine ersten Angestellten bis zu vier Jahre lang immer wieder befristet einstellen.
Wer mit Sachgrund befristet beschäftigt ist – etwa als Vertretung – dem kann der Chef den Vertrag beliebig oft verlängern. Wie lang eine Befristung dabei jeweils dauert, hängt davon ab, wie lang der Arbeitnehmer als Vertretung oder für ein Projekt arbeiten soll.
Solange immer ein sachlicher Grund vorliegt, können mehrere befristete Verträge aufeinander folgen. Dieser Grund kann aber auch jedes Mal ein anderer sein.
Eine Befristung erst mit Sachgrund und dann ohne darf allerdings nicht erfolgen. Möglich ist nur der umgekehrte Fall.
Kann ich im Nachhinein über Gehalt und Arbeitszeiten verhandeln?
Kaum. „Eine Änderung im Vertrag bedeutet immer einen neuen befristeten Vertrag“, sagt Harald Schwamborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Hamburg. „Es wäre deshalb unklug vom Arbeitgeber, sich im Nachhinein auf Änderungen einzulassen.“ Falls sich der Chef bei einem befristeten Vertrag ohne Sachgrund trotzdem auf eine Änderung einlässt, sind Arbeitnehmer gut beraten, den Chef darauf nicht hinzuweisen. Denn rechtlich gesehen ist die Befristung dann unwirksam geworden und der Arbeitnehmer kann nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses klagen.
Wann kann ich eine Entfristung einklagen?
Wenn sie unwirksam ist. Beispiel: Der Sachgrund im Arbeitsvertrag stimmt nicht mit der tatsächlichen Situation überein; jemand wird als Vertretung eingestellt, obwohl es niemanden zu vertreten gibt und die Stelle womöglich sogar nach Auslaufen des Vertrags erneut ausgeschrieben wird.
Worauf muss ich bei einer Klage achten?
Wer feststellt, dass die Befristung unzulässig war oder ist, muss innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Vertrags zum Arbeitsgericht gehen und seine Klage einreichen.
Mein befristeter Vertrag läuft aus, was soll ich tun?
Ganz wichtig ist, sich drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitslos zu melden. Sonst droht eine dreimonatige Arbeitslosengeldsperre. Alle zulässigen befristeten Verträge ohne Sachgrund enthalten ohnehin diese Klausel, auch um den Arbeitgeber vor Haftungsansprüchen abzusichern.
Spätestens zu dieser Zeit sollte der befristete Arbeitnehmer auch das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und nachfragen, ob eine Weiterbeschäftigung angedacht ist. Nicht selten erfolgt eine Weiterbeschäftigung – entweder durch einen neuen befristeten Vertrag oder sogar durch eine Entfristung.
Habe ich den vollen Kündigungsschutz?
Nein. Anders als bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, in dem Arbeitgeber nach sechs Monaten einen nachvollziehbaren Kündigungsgrund brauchen, um Mitarbeiter zu entlassen, sind die Regeln für befristete Jobs lockerer.
Dies ist natürlich einer der Gründe, warum Chefs diese Vertragsform so gerne anwenden. Häufig beinhalten die befristeten Verträge keine Kündigungsfrist, sondern im Vertrag steht etwas von der gesetzlichen Kündigungsfrist. Die beträgt vier Wochen und ist damit sehr kurz.
Wenn eine Probezeit vereinbart wurde, beträgt die Kündigungsfrist innerhalb dieser Testphase sogar nur zwei Wochen.
Verlängert sich das befristete Arbeitsverhältnis, wenn eine Angestellte im befristeten Arbeitsverhältnis schwanger wird?
Leider nein. Auch schwangere Frist-Arbeiterinnen genießen keinen besonderen Kündigungsschutz. Der Vertrag läuft trotzdem zum vereinbarten Zeitpunkt aus. Eine Schwangerschaft ändert nichts an dem Arbeitsverhältnis, weder wird es dadurch verkürzt noch verlängert. Fällt die Schwangerschaft mitten in die Vertragslaufzeit hat die Arbeitnehmerin natürlich ganz normal Anspruch auf den gesetzlichen Mutterschutz.
Welche grundsätzlichen Nachteile hat eine befristete Stelle?
Der größte Nachteil einer befristeten Stelle ist, dass der Arbeitnehmer leichter gekündigt werden kann. Wenn das Arbeitsverhältnis ausläuft und beispielsweise aus wirtschaftlichen Gründen nicht verlängert wird, hat der befristete Mitarbeiter zudem fast nie einen Anspruch auf eine Abfindung wie sie bei unbefristeten Mitarbeitern aushandelbar wäre.
Die große Unsicherheit für die Arbeitnehmer ist gleichzeitig auch der größte Vorteil für den Chef. Zudem gibt es für Behinderte und Schwangere keine besonderen Regeln zum Kündigungsschutz. Ob befristete Arbeitnehmer weniger verdienen und mehr Überstunden machen, darüber sind sich Experten nicht einig.
Harald Schwamborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht, sieht in befristeten Jobs durchaus etwas Positives für den Arbeitnehmer: „Wer überzeugen kann, hat die Chance auf eine unbefristete Stelle.“
Schließlich müssen Unternehmen auch dauerhaft planen können, alle zwei Jahre die Mitarbeiter auszutauschen bringt auch dem Arbeitgeber eine Planungsunsicherheit und Wettbewerbsnachteile.
Allerdings wendet Martina Perreng, Arbeitsrechtsexpertin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), ein: „Der Arbeitgeber kalkuliert die Hoffnung des Arbeitnehmers auf eine unbefristete Stelle eiskalt mit ein.“ Arbeitnehmer würden deshalb häufig geringere Gehälter und mehr Überstunden in Kauf nehmen.
Wenn ich bereits seit 20 Jahren in einem Betrieb arbeite, darf ich befristet für eine höhere Position eingesetzt werden?
Ja das geht, wenn man sich darauf einlassen will. Dann gibt es einen neuen Arbeitsvertrag, der alte wird stillgelegt. Die Befristung braucht aber einen Sachgrund, denn der Arbeitnehmer war ja vorher schon im Betrieb.
Eine kalendermäßige Befristung ist deshalb unzulässig.
Was passiert, wenn ich nach dem Ende der Befristung einfach weiterarbeite?
Wenn ein befristeter Vertrag ausläuft und niemand den Arbeitnehmer darauf hinweist, darf er im Prinzip am nächsten Tag zur Arbeit gehen und einfach weiterarbeiten.
In diesem Fall müsste der Arbeitgeber ihn sofort nach Hause schicken, sobald er ihn sieht. Wenn er dies nicht tut, entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
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