Systemrelevante Berufe: Was unsere Lebensretter verdienen

Ob Erzieher, LKW-Fahrer, Kassierer, Pfleger oder Arzt: Ihre Jobs sichern unser Überleben. Werden sie dafür ordentlich entlohnt?

Anne Koschik | 17.11.2023
Ärzte, Pfleger und viele andere Helfer sorgen in der Coronakrise fürs Überleben. Ihr Einsatz wird oft nicht entsprechend vergütet.

Einsatz in der Coronakrise Ärzte, Pfleger und viele andere Helfer sorgen in der Coronakrise fürs Überleben. Ihr Einsatz wird oft nicht entsprechend vergütet. © Karriere Foto: imago images / 7aktuell

Die Coronakrise macht deutlich: Mehr als je zuvor ist die Gesellschaft auf die Arbeit von Beschäftigten in „systemrelevanten Berufen“ angewiesen. Doch wie viel verdienen beispielsweise Angestellte in Pflegeberufen oder in den Supermärkten? Die Unterschiede sind gravierend.

Und die Einsicht wächst, dass gerechtere Gehälter her müssen. Erst im Januar hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil anlässlich des Berliner Pflegekongresses auf die Notwendigkeit von guten Arbeitsbedingungen und „vernünftiger Bezahlung“ hingewiesen. Sie sind nicht nur im Pflegeberich bitter nötig.

Denn was zeigt die Realität? Zwischen Oberarzt und Pflegepersonal liegen bisweilen 100.000 Euro Unterschied im Jahr. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Vergleichsplattform Gehalt.de hervor, für die die Analysten die Einkommen derjenigen Berufstätigen unter die Lupe genommen haben, die aktuell die Grundversorgung aufrechterhalten.

Dazu zählen neben dem medizinischen Personal auch Berufskraftfahrer, Kassierer, ebenso wie Apotheker und Journalisten. Berufe der Polizei, Behörden oder Justiz wurden bei der Untersuchung größtenteils ausgeklammert, weil sie nach Tarif bezahlt werden. Ihre Gehälter lassen sich in den Besoldungstabellen für den Öffentlichen Dienst nachschlagen.

Ärzte stehen an der Spitze

Das Ergebnis: Chefärzte verdienen im Mittel 142.600 Euro im Jahr und damit am meisten von allen. Auch Oberärzte können mit durchschnittlich 121.100 Euro sehr gut mithalten. Allerdings ist ihre Verantwortung für Menschenleben riesig, ihr Studium und die Facharztausbildung aufwendig, die Karrierestufen langwierig – und sie begeben sich ständig selbst in Gefahr.

Hier gibt es gute Jobs für Ärzte

Am unteren Ende stehen Kassierer, Einzelhandelskaufleute und Kraftfahrer, die jeweils im Mittel unter 30.000 Euro Jahresbrutto verdienen. Kassierer kommen auf ein Gehalt von 26.800 Euro bei Festanstellung. Doch sind gerade in diesem Bereich viele Teilzeitkräfte unterwegs, die zum Teil nur im Minijob arbeiten und nicht mehr als monatlich 450 Euro mit nach Hause bringen.

Auch Einzelhandelskaufleute in der Lebensmittelbranche verdienen mit 28.100 Euro im Jahr eher schlecht. Kraftfahrer, die für die Belieferung des Groß- und Einzelhandels zuständig sind, kommen auf 29.600 Euro im Durchschnitt.

Dazwischen liegen Fachärzte, Apotheker und Journalisten – sowie mit einigem Abstand Pflegepersonal und Erzieher. „Im Hinblick auf die Corona-Pandemie sind wir immens auf das medizinische Personal angewiesen – und noch nie war der Fachkräftenotstand in der Pflegebranche und im Gesundheitswesen deutlicher“, sagt Philip Bierbach, Geschäftsführer von Gehalt.de.

Hier gibt es gute Jobs für Apotheker

Womit Erzieher und Altenpfleger auskommen müssen

Für die Betreuung der Kinder von Beschäftigten in systemrelevanten Berufen müssen aktuell Erzieher sorgen. Denn die Eltern sind im Dauereinsatz, Homeoffice ist für sie ein Fremdwort. Erzieher verdienen ein jährliches Bruttogehalt von 36.300 Euro.

In Pflegeheimen und auch in ihrem eigenen Zuhause sind insbesondere ältere Menschen auf Unterstützung angewiesen – gerade jetzt, wo die Kontakte auch durch die eigene Familie noch stärker beschränkt wurden, benötigen viele Senioren die Hilfe von Altenpflegern. Beschäftigte in diesem Beruf verdienen jährlich 32.900 Euro.

Zum Vergleich: Das durchschnittliche Jahreseinkommen aller Beschäftigten liegt in Deutschland bei rund 45.000 Euro.

Hier Jobs im Pflegebereich finden

Was Beschäftigte im Einzelhandel verdienen

Lebensmittelläden bleiben aktuell geöffnet, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Einzelhandelskaufleute in der Lebensmittelbranche erhalten 28.100 Euro und Kassierer 26.800 Euro. Sie beziehen das niedrigste Einkommen unter allen ausgewerteten Berufen. „Beschäftigte im Einzelhandel der Lebensmittelbranche gehören zu den Geringverdienern und arbeiten oft nah an der Mindestlohngrenze. Sie sind aktuell einer hohen Belastung und massenhaft Kontakten ausgesetzt, was sie zu den Helden unseres Alltags macht“, so Bierbach.

Forderung nach höherer gesellschaftlicher Wertschätzung

Berufskraftfahrer sind aktuell für den Güter- und Personennahverkehr wichtig, um die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Sie verdienen jährlich rund 29.600 Euro.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfahlen hat zudem den Beruf „Journalist“ als weiteren systemrelevanten Beruf hinzugezogen. Laut der Auswertung beziehen zum Beispiel Online-Redakteure jährlich ein Gehalt von rund 40.400 Euro.

„Die Notwendigkeit der systemrelevanten Berufe muss sich in Zukunft stärker im Gehalt, in den Arbeitsbedingungen und in Rentenzahlungen widerspiegeln“, fordert Gehalt.de-Geschäftsführer Bierbach. Auf die Corona-Krise sollte unbedingt „eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung“ für diese Beschäftigten folgen.

Gehälter systemrelevanter Berufe im Überblick

Beruf Q1 Median Q3
Chefärztin bzw. -arzt 119.371 € 142.557 € 201.425 €
Oberärztin bzw. -arzt 99.019 € 121.083 € 141.356 €
Fachärztin bzw. -arzt 65.575 € 80.378 € 98.607 €
Apotheker/-in 48.196 € 54.170 € 65.033 €
Online-Redakteur/-in 34.267 € 40.411 € 48.579 €
Krankenpfleger/-in 33.181 € 38.554 € 45.076 €
Erzieher/-in 32.115 € 36.325 € 41.907 €
Heilerziehungspfleger/ -in 31.183 € 35.852 € 41.333 €
Altenpfleger/-in 29.320 € 32.932 € 37.674 €
Arzthelfer/-in 26.730 € 31.030 € 36.773 €
Berufskraftfahrer/-in 26.317 € 29.616 € 34.818 €
Einzelhandelskauffrau /-mann
(in der Lebensmittelbranche)
24.097 € 28.126 € 33.554 €
Kassierer/-in 22.629 € 26.824 € 32.656 €

Quelle: Gehalt.de
Q1: 25 Prozent der Daten sind kleiner/gleich diesem Wert. Median: 50 Prozent der Daten sind kleiner/gleich diesem Wert. Q3: 75 Prozent der Daten sind kleiner/gleich diesem Wert.

Mehr: Wie Unternehmen mit der Coronakrise umgehen