Auswirkungen der Krise: Gehaltslücke Corona: Wie sich die Pandemie auf die Bezüge der Dax-CEOs auswirkt
Ein Drittel der Dax-Chefs verzichtet auf Teile des Grundgehalts. Doch auf Einbußen müssen sich fast alle Top-Manager einstellen.
Manager-Gehälter I 2020 dürfte der Gehaltszettel bei vielen Top-Managern schlechter aussehen.
Millionenboni und Massenentlassungen – das passt nicht zusammen. Die Öffentlichkeit erwartet in der Krise deshalb auch von Deutschlands Top-Managern Verzicht. Um einer Neiddebatte vorzugreifen, verzichtet jeder dritte Vorstandsvorsitzende im Dax auf Teile seiner Grundbezüge oder spendet Teile seiner Bonuszahlungen. Das zeigt eine Umfrage von Karriere.de unter Deutschlands 30 größten Konzernen.
„Wer von seinen Mitarbeitern Kurzarbeit und Gehaltsverzicht verlangt, sollte als CEO mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt Helmuth Uder, Vergütungsexperte bei der Beratung Korn Ferry.
2019 verdienten die Dax-Chefs im Median noch 5,5 Millionen Euro. Der Median gibt das Gehalt an, das die Hälfte der Dax-Chefs mindestens verdient. 2020 dürfte der Gehaltszettel bei vielen Top-Managern schlechter aussehen.
So auch bei Adidas-Chef Kasper Rorsted. Er verzichtet bis auf Weiteres auf 50 Prozent seines Festgehalts – das sind monatlich über 80.000 Euro. Gestrichen sind auch seine kurz- und langfristigen Boni für 2020. Das war Auflage für die drei Milliarden Euro schwere Staatshilfe, die dem Konzern zugebilligt wurden.
Viele Dax-Chefs verzichteten auf 20 Prozent ihres Grundgehalts
Von den Dax-Chefs, die Verzicht angekündigt haben, lassen sich die meisten ein Fünftel ihres Grundgehalts weniger überweisen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr verzichtet darauf ein halbes Jahr lang. Wegen der Staatshilfe sind – wie bei Adidas – auch Spohrs variable Zahlungen gestrichen.
Daimler-Chef Ola Källenius will neun Monate lang auf 20 Prozent seines Grundgehalts verzichten. Wie groß seine Gehaltslücke sein wird, ist unklar, weil der Schwede den Autobauer erst seit Sommer 2019 führt. Zur Orientierung: Sein Vorgänger Dieter Zetsche bekam 2018 mehr als zwei Millionen Euro Grundgehalt.
Anders macht es Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank. Er verzichtet nicht über einen längeren Zeitraum auf Teile seines Gehalts, sondern einen Monat lang auf sein komplettes Grundsalär. Das dürften etwa 290.000 Euro ein.
Spenden für Hilfsfonds
Siemens-Chef Kaeser distanziert sich von der Idee des Gehaltsverzichts. Davon würden nur der Firmengewinn und damit die Aktionäre profitieren, sagte er in einem Interview. Siemens hat einen Corona-Hilfsfonds eingerichtet, um Betroffene der Pandemie zu unterstützen. Dafür hat Kaeser eine Million Euro aus seinem Privatvermögen gespendet.
Kaeser ist nicht der einzige, der spendet: Der neue SAP-Chef Christian Klein gibt ein Fünftel seines Fixgehalts an wohltätige Zwecke – insgesamt 220.000 Euro. Und MTU-Boss Reiner Winkler hat eine halbe Million Euro in einen firmeneigenen Solidarfonds gespendet – und zwar aus seinen variablen Bezügen für das Jahr 2019.
Anteilsmäßig weitaus weniger verzichtsfreudig zeigt sich der Continental-Chef. Elmar Degenhart lässt sich für vier Monate zehn Prozent seines Grundgehalts weniger überweisen. Monatliche Gehaltslücke: ungefähr 12.000 Euro.
Für den Gummersbacher Vergütungsexperten Heinz Evers ist eine solche Summe kein wirklicher Verzicht. „Angesichts der Höhe der Grundgehälter wirken zehn Prozent ein wenig albern. Glaubwürdig und für das Unternehmen sinnvoll ist es erst, wenn CEOs auf ein Drittel oder gar die Hälfte verzichten.“
Linde-Chef Steve Angel ist ein Sonderfall: Sein Salär ist zu 90 Prozent von variablen Prämien abhängig – so hoch ist der Anteil bei keinem anderen Dax-Chef. Wegen Corona werde Linde seine Ziele kaum erreichen können, sagte Angel in einem Interview mit dem Handelsblatt – „als Folge werde ich weniger verdienen“. Auf sein anteilmäßiges kleineres Grundgehalt will er daher nicht verzichten.
13 Dax-Chefs wollen keine freiwillige Gehaltseinbußen hinnehmen
So wie Angel wollen 13 der 30 Dax-Chefs keine Einbußen beim Grundgehalt hinnehmen, zeigt die Analyse von Karriere.de. Acht Unternehmen davon schieben bei ihrer Antwort direkt hinterher, dass ihr Geschäft von der Krise nicht so stark betroffen sei.
Die Telekom zum Beispiel. „Es besteht gegenwärtig kein Anlass für einen Gehaltsverzicht des Managements“, heißt es aus der Bonner Konzernzentrale. Auf keinen Fall soll der Eindruck entstehen, dass sich die Manager trotz Krise bereichern wollen.
Volkswagen, die Munich Re und die Allianz verweisen auf die zu erwartenden Einbußen bei den variablen Gehaltsbestandteilen. Anders ausgedrückt: Auf ihr Grundsalär wollen die Konzernchefs Diess, Wenning und Bäthe nicht verzichten.
Wie sich Vorstandsgehälter zusammensetzen
Auch wenn nicht alle Dax-Chefs freiwillig Verzicht üben: Dieses Jahr müssen sich fast alle der 30 CEOs auf Gehaltseinbußen einstellen. Wenn Umsätze, Gewinne, Aktienkurse und andere Erfolgsziffern einbrechen, tun das auch die Erfolgsprämien der Topmanager, schließlich sind sie an den Unternehmenserfolg gebunden. Und weil die Geschäfte bei den meisten Konzerne gerade schlecht laufen, dürften auch die meisten Dax-Bosse nur deutlich verringerte Jahresboni bekommen.
Die kurzfristigen, einjährigen Bonuszahlungen machen laut Vergütungsberatern bei den Dax-Chefs ungefähr 15 Prozent der Bezüge das. Das Festgehalt, das der Chef unabhängig vom Firmenerfolg bekommt, steht im Schnitt für ein Viertel der CEO-Bezüge.
Den Großteil, ungefähr 45 Prozent des Einkommens, machen Langfristprämien aus. Die langfristigen Prämien sind überwiegend Aktienpakete, die den CEO an der Kursentwicklung des Unternehmens beteiligen. Die verbleibenden 15 Prozent setzen sich aus Altersrückstellungen zusammen.
Sieben Unternehmen, darunter BMW, die Deutsche Post und Wirecard, wollten sich auf Karriere.de-Anfrage nicht äußern.
Gehaltseinbußen nicht nur in Deutschland
Nicht nur hierzulande nehmen die Chefs Gehaltseinbußen hin. Knapp ein Drittel der CEOs der 71 größten europäischen Unternehmen haben bis Ende Mai auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet, zeigt eine Analyse von HKP. Die Frankfurter Vergütungsberatung geht davon aus, dass die Managergehälter in europäischen Großunternehmen in diesem Jahr um 20 Prozent zurückgehen.
In Amerika hat nach einer Analyse von Korn Ferry rund ein Viertel der Firmen die Gehälter ihrer Manager reduziert. Ein Drittel der betroffenen US-CEOs verzichtet sogar auf ihr komplettes Fixgehalt.
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